Willi Jasper

Deutsch-jüdischer Parnass

Literaturgeschichte eines Mythos
Cover: Deutsch-jüdischer Parnass
Propyläen Verlag, Berlin 2004
ISBN 9783549072103
Kartoniert, 525 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Die enge Wechselwirkung zwischen jüdischer und deutscher Literatur gehört zu den faszinierendsten Kapiteln der Literaturgeschichte überhaupt. Der Autor zeichnet den "jüdischen Diskurs" in der deutschsprachigen Literatur von der Aufklärung bis zur Gegenwart nach und zeigt, in welchem Maße jüdische Autoren das "Projekt der Moderne" befördert und kulturelle Horizonte erweitert haben. Das in jüngster Zeit wiedererwachende Interesse an dem reichen Schatz deutsch-jüdischer Literatur steht auch im Zusammenhang mit der Suche nach einem neuen deutschen Kulturverständnis.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.09.2004

Willi Jasper stellt sich die Aufgabe, den Mythos der deutsch-jüdischen geistigen Symbiose zu zerschlagen, und trägt dabei jede Menge interessantes Material zusammen, in das sich der Rezensent Alexander Honold zwar gern vertieft hat, ohne jedoch am Ende bezeugen zu können, dass der Autor seinem Anspruch gerecht geworden sei. Leider, denn das Vorhaben selbst - die Untersuchung des "labilen Fundaments eines windschiefen Bindestrichs" - ist nach Ansicht von Honold überaus lohnens- und lobenswert. Er ist auch durchaus zufrieden mit Jaspers Vorgehen: Klar und deutlich werden die strukturellen Grundlagen deutsch-jüdischer Beziehungen seit der Aufklärung nachvollzogen und zugleich anhand von persönlichen Beziehungen betrachtet, angefangen natürlich bei Lessing und Moses Mendelssohn. Jasper entwirft "prominente Konstellationen und Paarbildungen" und dabei "keinen Kanon, vielmehr ein Klangbild denkbar dissonanter Tonspuren". Wo also liegt das Problem? Honold: "Der kritische Gestus einer Entmythologisierung des 'deutsch- jüdischen Parnass' läuft ins Leere, da ein historisch durchgeführtes Argument ebenso fehlt wie eine systematische Klärung des Geflechtes literarischer, kultureller, religionssoziologischer und politischer Determinanten." Das Material bleibt sich selbst und den Gedankengängen des Lesers überlassen, was nach Ansicht des Rezensenten "zu Unklarheiten und willkürlichen Gewichtungen führt". Vieles wird angeführt, ohne in eine Richtung zu deuten, vieles erschöpft sich in der bloßen Nennung, und trotz aller Reichhaltigkeit des Materials hat Honold erstaunliche Lücken gefunden. Geärgert hat er sich zudem über die "hölzern wirkende Sprache eines bürokratischen Verlautbarungsstils", und das nicht nur aus ästhetischen Gründen: "So klingt Politikerdeutsch, das nirgends anecken möchte."
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.08.2004

Dieser Geschichte der deutsch-jüdischen Literatur von Willi Jasper spendet Harro Zimmermann höchstes Lob. Der Autor geht darin dem "Mythos" der kulturellen Symbiose zwischen Juden und Deutschen nach, die im 18. Jahrhundert als "gewagte Hoffnung" dastand und mit den Nationalsozialisten seine schreckliche Negierung erlebte, wobei er als Schwerpunkte seiner Studie die "Krise der Assimilation, das Exil und den Holocaust" gewählt hat, wie der Rezensent zusammenfasst. Jasper mache darin deutlich, dass es auch im Nachkriegsdeutschland nicht zu einer "Symbiose" des jüdischen und deutschen Diskurses kam, vielmehr Autoren wie Wolf Biermann, Günter Kunert oder Ilse Aichinger "fremd im eigenen Land" blieben, so Zimmermann weiter. Der Rezensent zeigt sich beeindruckt von der "großen Kennerschaft", mit der der Autor seine Befunde zur deutsch-jüdischen Literatur vorstellt. Insbesondere bei der Analyse der Werke von Ludwig Börne und Heinrich Heine und dem sich darin ausdrückenden "Leiden an Deutschland" rühmt er die "eindrucksvolle Akribie", mit der Jasper den "ungeheuren Judenschmerz" dieser "sprachvirtuosen Republikaner" nachvollzieht. Insgesamt ist dieser Band sowohl in seinem "souveränen Überblick" als auch in seinen Detailbeobachtungen von "präziser Kenntnis und Analyse" geprägt, lobt Zimmermann.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.08.2004

Rezensent Micha Brumlik lobt Willi Jaspers Studie zur deutsch-jüdischen Literaturgeschichte und ärgert sich gleichzeitig über den Klappentext. So werde hier eine "fundierte" und umfassende deutsch-jüdische Literaturgeschichte versprochen, was nach Brumliks Ansicht momentan noch gar nicht "einlösbar" sei. Die nötigen Voraussetzungen für ein umfassendes Standardwerk, so Brumlik, seien einfach noch "nicht gegeben". Dennoch, so lobt der Rezensent, hat Jaspers einen "flüssig geschriebenen" und "anspruchsvollen" Band vorgelegt. Mehr als "redlich" findet Brumlik, dass Jaspers in seiner Einleitung selber noch darauf hinweist, dass er nicht nach Vollständigkeit gestrebt habe, sondern das deutsch-jüdische Verhältnis eher in Beispielen erhellen wollte, die natürlich mit seinen Forschungsschwerpunkten und Vorlieben korrelieren. Daher erscheint es Brumlik auch verzeihlich, wenn zum Beispiel Ernst Bloch deutlich mehr Platz eingeräumt wurde als Hans Joas, der nur in einem "Nebensatz" Erwähnung findet. Besser als die Passagen über die Philosophie seien sowieso die über Literatur: Brumlik lobt, wie "präzise" und "kritisch" Jaspers hier vorgehe, und ist entzückt von dessen "vorzüglicher Quellenkenntnis". Als die besonders "starken Stücke des Buches" hat Brumlik die Teil über die deutsch-jüdische Aufklärung ausgemacht. Hier zeige Jaspers seine "ganze Kenner- und Könnerschaft".