Bücher der Saison

Bücher der Saison 2014: Erinnerungen

Erinnerungen

Es scheint, als sei Adam Zagajewskis "Die kleine Ewigkeit der Kunst" eines der Bücher, die man in dieser Saison unbedingt lesen muss. Der Lyriker erweist sich hier als Essayist und Memorialist. Allein, dass er über seine Geburtsstadt Lemberg schreibt, macht einen in dieser Saison besonders neugierig. Zweierlei leistet Adam Zagajewski in seinem Essayband, berichtet Artur Becker in der FR: zum einen das autobiografische Projekt seiner Familiengeschichte mit Stalinismus und Vertreibung, zum anderen der intellektuelle Reise- und Erfahrungsbericht eines dichtenden Kosmopoliten samt kunsttheoretischen Reflexionen. Einen Spaziergang mit einem anderen Kosmopoliten unternimmt NZZ-Rezensentin Ilma Rakusic, die sich in "Lange Schatten in Berlin" verzaubert von Bora Cosic durch die Jahrhunderte und die Städte Belgrad und Berlin führen lässt beim Perlentaucher).

Nicht allzu weit von Lemberg entfernt dürften Herta Müllers Erinnerungen in "Mein Vaterland war ein Apfelkern" spielen, ein besonderes Buch in der Veröffentlichungsliste der Autorin, ein Gesprächsband. Ihre Lektorin Angelika Klammer gibt ihr Stichwörter, sie schweift aus, wie nur sie ausschweifen kann: präzise. So schreiben es zumindest die Rezensenten, Jörg Magenau in der SZ und Jürgen Verdofsky in der FAZ. Sie spricht noch einmal über die Bedrängnisse des Ceaucescu-Regimes, schreibt Jörg Magenau. Und beiden Rezensenten geht gerade im Gespräch noch einmal die Rolle auf, die Sprache für Müller bei der Bewältigung ihrer Erlebnisse spielt. Ein erschütterndes und historisch-literarisch einzigartiges Dokument empfiehlt in der NZZ Andreas Breitenstein mit "Aber der Himmel - grandios" den Erinnerungen der litauischen Autorin Dalia Grinkeviciute, die 1941 - sie war 14 damals - mit ihrer Familie nach Sibirien deportiert wurde, floh und wieder deportiert wurde.

Etwas unernst wirkt dagegen Hans-Magnus Enzensberger in seiner Erinnerung an die Jahre des "Tumults" so schreibt es etwa Michael Angele im Freitag, der Enzensberger die Leichthändigkeit, mit der er seine politischen Irrtümer aus längst vergangenen Jahrzehnten abtut, nicht abnehmen mag. Der andere sich erinnernde Großautor ist Botho Strauß, der zur Begeisterung der Rezensenten seine "intellektuelle Abgesondertheit" nun in seiner "Herkunft" zurückverwurzelt.

Und schließlich ist da noch Georg Stefan Troller, dessen Fernsehporträts ein Monument des öffentlichen-rechtlichen Fernsehens in seiner großen Zeit waren. Hier begegnet er den von ihm Porträtierten noch einmal - und der Zauber seiner Stimme wirkt auf FAZ-Rezensent Uwe Ebbinghaus auch "Mit meiner Schreibmaschine" ! Schließlich hat Qais Akbar Omar mit "Die Festung der neun Türme" große Empathie bei den Kritikern ausgelöst: Seine Erinnerungen an Afghanistan sind zugleich persönliche, National- und Globalgeschichte. Und er hofft nach wie vor auf Frieden in seinem Land.

Romane / Krimis / Erinnerungen / Sachbuch / politische Bücher