Robert Menasse

Die Zerstörung der Welt als Wille und Vorstellung

Frankfurter Poetikvorlesungen
Cover: Die Zerstörung der Welt als Wille und Vorstellung
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006
ISBN 9783518124642
Broschiert, 142 Seiten, 8,00 EUR

Klappentext

"Einen Dichter einzuladen, eine Poetikvorlesung zu halten, ist etwa so sinnvoll, wie einen Kannibalen als Ernährungsberater zu engagieren. Am Ende nagt er an Ihren Knochen, in diesem Fall an den Resten Ihres geistigen Stützapparats", warnte Robert Menasse zu Beginn seiner Poetikvorlesungen im Frühjahr 2005 im legendären Adorno-Hörsaal. Vom Zustand der Welt ist die Rede in seinen politischen Brandreden, die weder den globalen Kapitalismus noch die EU-Verfassung, weder den Krieg noch den Terror, weder den 11. September 2001 noch den 11. September 1973, weder Schröder noch Kissinger auslassen. Und die Poetik? Statt"eine Poetik vorzutragen, habe ich einen Roman vorgetragen, einen bürgerlichen Rückentwicklungsroman", schließt Robert Menasse seine politische Poetik über die normative Kraft des Faktischen (die Gesellschaft) und die poetisch begründete Hinfälligkeit alles historischen Soseins.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.06.2006

Ein wenig suspekt erscheint Rezensent Leopold Federmair sowohl die Haltung der Poetikvorlesungen als auch ihr Inhalt. Robert Menasse stilisiere sich zwar auf ironische Weise als Dichter, Kassandra etc., meine es aber nicht weniger ernst damit. Thematisch wiederum, berichtet der Rezensent, kämen die Poetikvorlesungen explizit als politischer und journalistischer Vortrag daher. Seine doppelte Irritation pariert der Rezensent einerseits mit dem Verweis auf Jürgen Habermas' Kritik der Eitelkeit im Medienzeitalter, andererseits mit dessen Kritik am Nationalstaatsdenken als Rahmen für eine vernünftige Demokratieentwicklung. Erstaunlich sei nämlich, wie ehern Robert Menasse seit den siebziger Jahren am Historizismus und einem Fortschritts- bzw. Rückschrittsdenken festhalte. Hier hätte er, ermahnt der Rezensent, im "Eifer des Schwadronierens" über den Begriff des Engagements doch glatt Jean Paul Sartre und insbesondere Albert Camus vergessen. Letzterer hätte nämlich Fortschritt auch ohne Utopie denken können.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.02.2006

"Hoffnungslos antiquiert" findet Rezensent Thomas Meißner Robert Menasses Vorstellung von Literatur, als deren Bezugspunkte Meißner "Realismus und Engagement, Aufklärung und Moral, Marx und Hegel" identifiziert. Dementsprechend hat er in Menasses Poetikvorlesungen weniger Poetik gefunden als vielmehr politische Invektiven. Die gestalten sich laut Meißner mal als "ätzend-scharfe Analysen" oder "brillante Polemiken", etwa wenn Menasse das "Kapital" zum "bedeutendsten bürgerlichen Bildungs- und Entwicklungsroman" erklärt. Oder wenn er spotte, dass Ödipus ein geradezu heiterer Held gewesen sei muss, verglichen mit Gerhard Schröder, der seine Mutter, die Sozialdemokratie mordet, um seinen Stiefvater, das Kapital zu befriedigen. Aber oft genug seien Menasses radikale Gedankenspiele auch einfach nur intellektuelle Zumutungen, etwa wenn er immer noch die unkritische Masse in den Faschismusverdacht stellt oder Selbstmordattentäter als "Werther in letzer Konsequenz" bezeichne.
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