Hilary Mantel

Wölfe

Roman
Cover: Wölfe
DuMont Verlag, Köln 2010
ISBN 9783832195939
Gebunden, 767 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Christiane Trabant. England im Jahr 1520: Das Königreich ist nur einen Pulsschlag von der Katastrophe entfernt. Sollte der König ohne männlichen Erben sterben, würde das Land durch einen Bürgerkrieg verwüstet. Henry VIII. möchte seine Ehe annullieren lassen und Anne Boleyn heiraten. Der Papst und ganz Europa sind dagegen. Die Scheidungsabsichten des Königs schaffen ein Machtvakuum, in das Thomas Cromwell tritt: Die Werkzeuge dieses politischen Genies sind Bestechung, Einschüchterung und Charme. Aus der Asche persönlichen Unglücks steigt er auf und bahnt sich seinen Weg durch die Fallstricke des Hofes, an dem "der Mensch des Menschen Wolf" ist.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.04.2013

Rezensent Andreas Isenschmid ist einfach hingerissen von den ersten beiden Romanen der Romantrilogie um Thomas Cromwell, den englischen Lordkanzler, der zehn Jahre lang, von 1530 bis zu seiner Hinrichtung 1540, die Geschicke Englands bestimmte und noch weit über seine Lebenszeit hinaus mitprägte. Isenschmid schlüpft beim Lesen gewissermaßen in die Haut dieses "so abgründig bösen, so anziehend klugen" Mannes, berechnet mit ihm, intrigiert und tranchiert mit ihm. Und sieht, riecht und schmeckt das London jener Jahre mit ihm, so der begeisterte Rezensent. Mantel verzichtet auf einen interpretierenden, die Ereignisse voraussehenden Erzähler, erzählt Isenschmid weiter, und orientiert sich damit eher an der Kunst Holbeins als an der Thomas Manns. Gelegentlich verirrt man sich dadurch als Leser im Dickicht der Ereignisse, bekennt der Rezensent, aber die Schlussszenen - in "Wölfe" die Hinrichtung Thomas Morus', in "Falken" die Hinrichtung Anna Boleyns - machen das für ihn wieder mehr als wett. Ganz große Kunst, die der Holbeins in nichts nachsteht, resümiert Isenschmid.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.11.2010

Es ist nicht nur das Präsens, in dem Hilary Mantel ihren Historienroman über Thomas Cromwell verfasst hat, das Rezensentin Kirsten Voigt das Buch so gegenwärtig erscheinen lässt, dass sie gebannt dabei ist, wenn am englischen Hof intrigiert oder Cromwell familiäre Schicksalsschläge bewältigen muss. Der Text, so lässt sie uns wissen, bringt Charaktere und Orte einfach plastisch rüber. Auf die Denkaufforderung der Autorin, die andererseits gern auch nur andeutet und manches im Dunkeln lässt, geht die Rezensentin gerne ein und blickt so, quasi im Schulterschluss mit dem selfmade Staatsmann und Reformer Cromwell, in dessen eigene engste Sphäre wie in die Sphäre der Macht und ihre finstersten Abgründe.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.11.2010

Mit offensichtlicher Spannung hat Michael Schmitt Hilary Mantels mit dem Booker Prize ausgezeichneten Roman "Wölfe" gelesen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, den von Literatur und Film so verschmähten Thomas Cromwell ins rechte Licht zu rücken. Mantels Erzählung teilt die Verachtung nicht, die dem Parvenü seit jeher entgegenschlug, für sie ist er durchaus ein gewiefter Machtmensch, ein skrupelloser Taktiker auch, aber nicht der "Unmensch und Zyniker", den das tradierte Bild von dem Sohn eines Hufschmieds und Bierbrauers zeichnet. Das findet der Rezensent nur recht und billig, und er kann sich gern darauf einigen, dass Cromwell einfach die "seelenlose Anmut" anderer Höflinge fehlte. Und Mantels Vorgehen gefällt ihm sogar gut: keine ausgreifenden Tableaus entwirft sie, sondern eine Folge von kammerspielartigen Szenen, deren privater oder halbprivater Verlauf ihre politische Brisanz überdeckt. Mitunter entfalten die eingestreuten Nebenbemerkungen ihre Wirkung erst hundert Seiten später.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.08.2010

Dass dieser Roman um die Fehde zwischen Thomas Morus und Thomas Cromwell den Booker-Preis 2009 erhalten hat, findet Joachim Käppner in Ordnung. Zwar erscheint ihm das Bild, das Hilary Mantel von ihren Protagonisten zeichnet, historisch durchaus gewagt, aber dennoch plausibel genug, um einen eigenen, auf Stimmigkeit und Authentizität gründenden Sog zu entwickeln. Auf Schlachtenlärm und Sex und Crime, wie in anderen historischen Romanen, verzichtet Käppner gern, wenn Mantel hier den Machtkampf zwischen Heinrichs erzprotestantischen Lordsiegelbewahrer und dem katholischen Utopisten nacherzählt (allerdings erscheint bei ihr Morus so, wie bis dahin Cromwell dargestellt wurde ("kalt und klug, hart und wachsam"). Was die Überlieferung betrifft, genügt ihm einstweilen zu wissen, dass es genauso gewesen sein könnte, wie die Autorin es schildert, als Alltag einer fernen, sich vom Mittelalter lösenden Epoche.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.08.2010

Mit sichtlich genauer Kenntnis der historischen Zusammenhänge sowie mit allergrößter Anerkennung für das Können von Hilary Mantel schreibt Rezensent Markus Gasser über diesen historischen Roman. Wobei er gleich jeden abfälligen Gedanken über das Genre als solches beiseite schiebt: Hier sei, und zwar erstmals und endlich, der historische Roman wirklich auf der Höhe der literarischen Moderne a la Virginia Woolf. Es geht in diesem Band, dem eine Fortsetzung folgen wird, um die Figur des Thomas Cromwell, der aus niedrigen Verhältnissen kam, Schatzkanzler erst, dann persönlicher Sekretär Heinrichs des VIII. wurde, um dann doch in jene Sorte Ungnade zu fallen, die zur Folge hat, dass der eigene Kopf auf einer Pike zur Freude der ganzen Stadt ausgestellt wird. Sehr viel eher als jüngere historische Literatur werde Mantel dabei der stets um Moderation bemühten Figur Cromwells gerecht. Literarisch sei das Drama von geradezu "shakespearescher Wucht" und darum eine dringende Empfehlung auch für jeden, der dem Genre sonst mit Skepsis oder schlimmerem zu begegnen pflegt.
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