Herman Pleij

Der Traum vom Schlaraffenland

Mittelalterliche Phantasien vom vollkommenen Leben
Cover: Der Traum vom Schlaraffenland
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2000
ISBN 9783100617057
Gebunden, 522 Seiten, 39,88 EUR

Klappentext

Aus dem Niederländischen von Rainer Kersten. Flüsse aus Wein, Straßen aus Ingwer, unter Köstlichkeiten sich biegende Tische; von den Bäumen hängen Würste, Schweine laufen gegrillt durchs Dorf, gebratene Tauben fliegen einem in den offenen Mund. Der Traum vom Schlaraffenland reicht zurück ins Mittelalter. Er offenbart die Vorstellungen, die sich die Menschen dieser Zeit vom Paradies machten, und gibt zugleich Aufschluss über die im Mittelalter wirklich herrschenden Verhältnisse: In den Visionen vom besseren Leben treten die Ängste, Bedürfnisse und Wünsche der Menschen zutage. Die unentwegte Rede vom Essen verweist zum einen auf stets drohende Hungersnöte, zeugt zum anderen aber auch von sattem Wohlstand, wie er in den Niederlanden herrschte, von wo viele Beschreibungen des Schlaraffenlands stammen. Es ist die Zeit der großen Tafelbilder von Pieter Brueghel dem Älteren. Pleijs für ein breites Publikum geschriebenes Buch spiegelt den Phantasiereichtum der Menschen im Mittelalter und ihre sozialen, kulturellen und religiösen Motive. Es ist ein farbenprächtiges, lebenspralles Tableau, das in der Tradition von Werken großer Kulturhistoriker wie Georges Duby, Jacques Le Goff und Carlo Ginzburg steht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.11.2000

Ist diese Entdeckungsreise ins Schlaraffenland, zu imaginären Lust- und Traumorten der frühen Neuzeit und zu ihren realen Pendants nun ihr Geld wert? Wolfgang Sofsky bleibt da geteilter Meinung. Nicht immer werde der Autor auch fündig, die vermeintlichen Glücksgefilde erweisen sich mitunter als eher spartanische Paradiese, wo der Beischlaf lustlos ist und auch sonst keine Völlerei herrscht. Da muss der Autor schon die Narrenfeste der Kirche besuchen - "heitere Episoden des kulinarischen Überflusses" -, um den Vergleich zu ziehen und feststellen zu können: Das Paradies ist doch auf Erden. Dass die Fabel vom Land, in dem Milch und Honig fließen, zum Bestand einer karnevalesken Volkskultur gehört, wie der Rezensent vermerkt, und als solche sicher nicht allzu ernst zu nehmen ist, geschweige moralisch zu deuten, wie es der Autor unternimmt, ist ja kaum zu glauben.