Gerd Koenen

Traumpfade der Weltrevolution

Das Guevara-Projekt
Cover: Traumpfade der Weltrevolution
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2008
ISBN 9783462040081
Gebunden, 608 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Von allen revolutionären Mythen und Kulten des roten Weltzeitalters hat nur die Figur des Che überlebt - schön wie am letzten Tag. Grund genug, sein"Guevara-Projekt"einer historischen Nachmusterung zu unterziehen. Die"Traumpfade der Weltrevolution"führen in eine der Schlüsselperioden des 20. Jahrhunderts: in die Zeit der antikolonialen Befreiungsbewegungen, der atomaren Konfrontation zwischen Ost und West während der"Kubakrise", des Schismas der kommunistischen Weltbewegung zwischen dem Sowjetblock und China. In den Zwischenräumen dieser Brüche und Umbrüche entwickelte sich die kubanische Revolution des unverwüstlichen Charismatikers Fidel Castro. Und aus ihr entsprang das apokalyptische Weltkriegsunternehmen Guevaras ("Schafft zwei, drei, viele Vietnams"), das 1968 zum Fixstern einer westlichen Neuen Linken wurde. Die zeitgenössische Kultfigur des Guerilleros brauchte auch ein weibliches Gesicht. Für die Bolivien-Operation Guevaras lieferte es die deutsch-jüdische Guerillera Tamara Bunke alias"Tania"aus Ostberlin, deren Biographie einen anderen, aufschlussreichen"roten Faden"unserer Geschichte liefert.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.12.2008

Sabine Fröhlich findet sehr lobende Worte für die Biografie Che Guevaras von Gerd Koenen. Der Frankfurter Historiker hat dabei nicht nur das Dickicht der umfangreichen Quellen zu Che Guevaras Leben und Wirken fruchtbringend durchdrungen und ein "differenziertes" und zudem fesselndes Porträt des zum Helden der kubanischen Revolution stilisierten Guevara geschrieben, betont die Rezensentin. Zudem beleuchte der Autor die ungeheure Wirkung, die der Revolutionär auf die europäische Linke hatte und nimmt auch seine "Kampfgenossen" mit in den Blick, so Fröhlich anerkennend. Gut gefallen hat der Rezensentin, dass Koenen bei aller Distanz zu seinem Protagonisten seinem "Projekt" einer in "Lateinamerika, Afrika und Asien operierenden Weltguerilla" durchaus ernsthafte Betrachtung widmet. Bei Koenen ist Che Guevara nicht der romantische Revolutionsheld, der heute wieder auf T-Shirts spazieren getragen wird, sondern der "Straf- und Exekutionsrichter" während der kubanischen Revolution, stellt die Rezensentin zufrieden fest.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.11.2008

Wäre dieses Buch schon vor vierzig Jahren erschienen, seufzt Carlos Widmann, hätte dem internationalen Terrorismus wohl eine wichtige Ikone gefehlt. Denn der Historiker Gerd Koenen zertrümmere den Mythos Che Guevara nicht "mit einer Abrissbirne", sondern mit kühler Präzision, wie Widmann in seinem Text schreibt, der weniger eine Besprechung ist als eine Antwort auf die Ankündigung von Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner, mit den Ikonen Diego Maradona, Evita Peron, Carlos Gardel und eben Che Guevara im Jahr 2010 den Auftritt ihres Landes bei der Frankfurter Buchmesse zu bestreiten (Borges und Cortazar wurde nachträglich mit auf die Liste gesetzt). Widmann zeichnet nur kursorisch Ches revolutionäre Stationen nach - seine Blutjustiz in Kuba, sein Abenteuer im Kongo -, um den Wahnwitz zu fassen, den dieses Leben versammelt, und das Koenen am "anspruchsvollsten" von allen Che-Guevara-Biografen in seinem "fesselnden" Buch darstellt, wie Widmann lobt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.10.2008

Einen von gängigen Verklärungen befreiten Blick auf den "Don Quichote der Weltrevolution" wagt Gerd Koenen in seinem "Guevara-Projekt", lobt Rezensent Knut Henkel. Dazu zeichne Koenen auf überzeugende Weise Guevaras ebenso von revolutionärem Sendungsbewusstsein getriebenes wie schlecht vorbereitetes Eingreifen in den Bürgerkrieg im Kongo nach. Neben Guevara widmet sich Koenen, wie wir erfahren, eingehend zwei seiner Weggefährten: der aus Ost-Berlin stammenden Tamara Bunke (alias Tania la Guerillera) und dem Comandante en Jefe Fidel Castro. Beim letzteren gelinge das Porträt nach Henkels Ansicht nicht recht. Die geschickt von revolutionärer Überhöhung befreiten Porträts von Bunke und Guevara überzeugen den Rezensenten dagegen voll und ganz. 

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.10.2008

So sieht die Weltrevolution des Che Guevara gleich ganz anders aus! Das Licht, das Gerd Koenen auch auf das Nachleben der Revolutionsikone wirft, leuchtet hell und wirkt mythenzersetzend, findet Harald Biermann. Nicht nur die konkreten Ziele, die terroristischen Methoden Ches lässt der Band den Rezensenten erkennen. Auch die Verschwörungstheorien um die Ermordung Ches fallen vor Biermanns Augen in sich zusammen. Den Che-Look legt er nach der Lektüre endgültig ab. So feinsinnig und geprägt von historischer Skepsis erscheint ihm die Herangehensweise des ehemaligen Maoisten (!) Koenen, die Naheinstellung auf die historische Person Guevara "aus heutiger Sicht" sowie die geschickte Verknüpfung der Lebensläufe von Che, Fidel Castro und Tamara Bunke. Prädikat: Erkenntnisfördernd!
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.09.2008

Mit Begeisterung hat Rezensent Norbert Rehrmann dieses 600 Seiten starke Buch über Che Guevara, Fidel Castro und die Guevara-Gefährtin aus der DDR, Tamara Bunke, gelesen, deren Biografien er nicht nur höchst spannend zu einer erkenntnisreichen und glänzend geschriebenen Geschichte verknüpft fand. Auch als ebenso "brillante wie ernüchternde Topografie" von Guevaras "revolutionären Traumpfaden" hat ihn das "biografische Dreieck" fasziniert. Denn der Frankfurter Publizist und Historiker Gerd Koenen hat darin Rehrmann zufolge auf ebenso luzide wie schmerzhafte Weise "pseudorevolutionäre Irrpfade" vermessen oder akribisch reale Aktionen rekonstruiert, die entweder in Sackgassen oder am Rand des Abgrund geendet seien. Auch die Entzauberung der linken Ikone Che hat der Rezensent mit Spannung verfolgt, wenngleich er manche These des Buchs, etwa zum Einfluss der USA auf die kubanische Politik und Ökonomie, nicht in jedem Fall unterschreiben mag.