Bruno Richard

Desaster

Roman
Cover: Desaster
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2002
ISBN 9783100071200
Gebunden, 379 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Berlin 1999, wenige Tage vor der Sylvesternacht. Die Jahrtausendwende wirft ihre Schatten voraus. Eine diffuse Bedrohung liegt über der Stadt. Anschläge auf teure Autos werden verübt. Eingeweihte rechnen mit Computerzusammenbrüchen und großangelegten Angriffen auf das World Wide Web. Ein geheimnisvolles "Apocalyptic Angel Movement" bedroht über das Internet die ganze Welt. Aber das bemerkt nur, wer es bemerken will. Am 10. Februar des neuen Jahres werden Yahoo und andere Internetportale angegriffen. Anfang Mai legt der "I-love-you-Virus" ganze Firmen lahm. Die Lage spitzt sich zu, ein beklemmendes Netz von Geschichten entsteht, die spätestens mit dem ersten Toten alle zusammen gehören. In dieser Atmosphäre überleben nur die Paranoiden. 

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.03.2003

Jochen Hörisch ist begeistert von diesem Romanerstling, den der Journalist Bruno Preissendörfer unter dem Pseudonym Bruno Richard verfasst hat. Nicht nur beeindruckt den Rezensenten die Überschreitung der Genregrenzen vom "Krimi zum Epochenroman", auch die Verknüpfung von Themen der "avancierten Medientechnologie" mit "Theologie" findet er hochinteressant. Das Buch, in dem es um Computerdaten über illegale Diamantengeschäfte geht, bis sich die Lage zu einem Szenario von apokalyptischen Ausmaß auswächst, lobt er als "spannend und klug", wobei er auch auf "geistreiche Nebenhandlungen" aufmerksam macht. Das vom Autor eingebrachte Motiv der Kinder, das gegen die "virtuellen Medien in Anschlag" gebracht wird, hilft nach Ansicht des Rezensenten mit seiner "unsentimentalen Überzeugungskraft" auch noch über "alle Schwächen hinweg".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.09.2002

Einen spannenden und gut recherchierten Thriller "über Informationen und was man dafür hält" hat Bruno Richard (hinter diesem Pseudonym steckt der Kulturjournalist Bruno Preisendörfer) geschrieben, das gesteht der Rezensent Guido Graf dem Autor auf jeden Fall zu. Doch richtig gelungen findet er dieses Buch trotzdem nicht. Das liegt nach Meinung des Rezensenten vor allem daran, dass sich der Autor selber nicht mit einem spannenden Thriller zufrieden gibt, sondern aus seinem Buch mehr heraus holen will, und das wird dann schnell zu einem "feuilletonistischen Zuviel". Eine gute Beobachtungsgabe und ein Auge für Details hat der Autor, so Graf, doch kann Preisendörfer es sich nicht verkneifen, das Beschriebene dann auch zu bewerten. Daraus entsteht dann oft eine "unangebrachte, vom Erzähler längst schon geleistete Erklärung". Schade drum, denn spannend ist die Geschichte nach Grafs Meinung auf jeden Fall, es ist nur ein Fehler des Autors, "aus einem spannenden Thriller noch einen essayistischen Mehrwert abzweigen zu wollen".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.07.2002

Bisher wurde in deutschen Romanen zu wenig professionell gemordet, meint Stephan Maus, es fehlte an gut ausgebildeten Profikillern, etwa aus ehemaligen russischen Eliteeinheiten, "mit sibirischem Permafrost im graublauen Blick". Dankenswerterweise, so Maus, hat Bruno Richard mit seinem Berlin-Thriller "Desaster" diese Lücke gefüllt: Von gut einem Dutzend Romanfiguren komme gerade mal die Hälfte mit dem Leben davon. Lobenswert findet der Rezensent auch, dass Bruno Richard seine Handlungsstränge geschickt miteinander zu verknüpfen weiß, Biografien souverän entwickelt und die Milieus gut recherchiert hat: Diamantenhandel, Hackerszene, Internetsekten und Berliner Forty-Somethings mit künstlerischen Ambitionen. Alles in allem ein gelungenes Debüt, findet Maus. Nur eins stört ihn: Jede Falafel-Bäckerei ist mit einer "hochtrabenden, kulturkritischen Randglosse" versehen. Da schimmere allzu deutlich der Berliner Kulturredakteur Bruno Preissendörfer durch, der sich hinter dem Pseudonym Bruno Richard verbirgt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.07.2002

Dies ist kein Detektivroman, meint Rezensent Kolja Mensing, sondern der sehr gelungene Versuch, einen deutschen Thriller zu schreiben. Gelungen deshalb, weil Bruno Richards Protagonist Laimer zwar "in der Tradition der unzähligen Journalisten, Anwälte und Privatdetektive des amerikanischen Thrillers" steht, ihm aber - im Gegensatz zu deren wissender Überlegenheit - sein Wissensvorsprung zum Verhängnis wird. Der Autor hat sich gleich mehrere erzählerische Klippen auferlegt - und auch umschifft, lobt Mensing. Denn Richard habe einen deutschen, in Berlin spielenden Thriller geschrieben, der weder zum "Liebling Kreuzberg", noch zum "Berlin-Roman" geraten sei. Einen kurzen Moment wundert sich Mensing, warum der sonst so "genau recherchierte Roman" den Wortlaut der Reagan-Rede von 1987 minimal verfälscht, doch dann glaubt er, darin einen virtuosen Fingerzeig auf das eigentliche Thema des Romans zu erkennen: das "Desaster". Deshalb sei dieser Thriller auch so sehr dem beginnenden 21. Jahrhundert verpflichtet - es gehe nämlich um die "waschende Unsicherheit gegenüber einer Welt, in der es angesichts der Informationsfluten keine Gewissheiten mehr gibt, sondern nur noch die Auskünfte von Suchmaschinen". Da schmunzelt der Rezensent, denn auch er hat den Reagan-Satz bei Google überprüft.
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