Gret Haller

Die Grenzen der Solidarität

Europa und die USA im Umgang mit Staat, Nation und Religion
Cover: Die Grenzen der Solidarität
Aufbau Verlag, Berlin 2002
ISBN 9783351025373
Gebunden, 288 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Gret Haller war von 1996 bis 2000 Ombudsfrau für Menschenrechte des Staates Bosnien-&Herzegowina in Sarajevo, gewählt durch die OSZE. Ihre prägnante Darstellung von Problemen der internationalen Gemeinschaft beim Aufbau staatlicher Strukturen sprengt den Rahmen eines aufrüttelnden Erfahrungsberichtes: Untersucht werden die historischen Wurzeln der großen Unterschiede im Rechts-, Staats- und Politikverständnis von Westeuropäern und US-Amerikanern. Sie stellen die seit dem 11. September erneut vielbeschworene westliche Wertegemeinschaft in Frage. Die Juristin und Politikerin setzt sich mit den Rückwirkungen konkurrierender Auffassungen von Demokratie und Freiheit, Nation und Religion auf die Entwicklung des Balkans sowie auf Institutionen und Aktivitäten der Europäischen Union auseinander.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.04.2003

Sein Lob für dieses Buch von Gret Haller, die bis zum Jahr 2000 als Ombudsfrau für Menschenrechte tätig war, fasst Rezensent Claus Leggewie in eine teilweise verwirrende Besprechung. Nicht immer lässt sich klar unterscheiden, wo Hallers Analyse aufhört und Leggewies Argumentation beginnt. Klar wird jedoch, dass Haller mit "Die Grenzen der Solidarität" eine ausgesprochen kritische Bestandsaufnahme der Wiederaufbaupolitik in Bosnien-Herzegowina liefert, die Leggewie durchaus überzeugend findet. Ihre zentrale These fasst er so, "dass die Vorherrschaft der USA im Friedensprozess einen dauerhaften Frieden in Bosnien und Herzegowina unmöglich gemacht hat". Schuld daran trägt, wie Leggewie Hallers Gedankengang paraphrasiert, ein amerikansiches Verständnis von Staat und Politik, dass - im Unterschied zum europäischen - ethnischen und religiösen Partikularismen zu viel Raum gebe und damit eine Institutionalisierung von universalen Normen und Werten verhindert habe.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.10.2002

Die Berner Sozialdemokratin Gret Haller hat ein äußerst wichtiges Buch geschrieben, ist Erhard Eppler überzeugt. Die nach dem Dayton-Vertrag ins Amt gesetzte Ombudsfrau für Menschenrechte hatte während ihrer Arbeit in Bosnien festgestellt, berichtet der Rezensent, dass es zwischen US-Amerikanern und Europäern große Unterschiede im Denken und in der Mentalität gibt. Also hat sie "fleißig gelesen und studiert", um diese Unterschiede näher zu ergründen, so Eppler. Er lobt besonders, dass die Autorin nicht den "moralischen Zeigefinger" erhebt und stattdessen recht nüchtern ein historisches und politisches Verständnis für die USA und für Europa aufbaut. Besonders deutlich wird in diesem Buch, denkt Eppler, dass der Neoliberalismus eine US-amerikanische Ideologie ist, denn im Verständnis der USA habe der Staat schon immer eine untergeordnete Rolle gespielt. Dem Rezensenten ist es egal, ob jede von Hallers Erklärungen stichhaltig ist. Wichtig findet Eppler ihren Ansatz. Zur Zeit drohe eine "Moralisierung" des Verhältnisses zwischen Europa und den USA, da ist es wichtig, meint Eppler, sich vor Augen zu führen, wie unterschiedlich die Geschichte die Menschen prägt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.10.2002

In ihrer Studie "Die Grenzen der Solidarität" nimmt Gret Haller die transatlantischen Grenzen systematisch unter die Lupe, berichtet Thomas Leuchtenmüller. Dafür legt die Menschenrechtlerin zunächst eine Reihe von Details jener Momente dar, die Europa trotz zahlreichen Übereinstimmungen von den USA abgrenzen - Unterschiede etwa im Strafrecht, der Rolle der Religion oder in einer anderen Bewertung staatlicher Souveränität, hält Leuchtenmüller fest. Ihre Leistung sieht er darin, an Hand dieser und anderer Kontraste zu erklären, inwiefern etwa das Abkommen von Dayton (1995), das die USA in Bosnien umsetzten, fehlerhaft war. Vor allem aber mache sie die Positionen und Verhaltensweisen Amerikas und Europas nach dem 11. September 2001 verständlicher. Abgesehen von einigen sprachlichen Ungereimtheiten und Redundanzen sowie einem bisweilen störend dozierendem Ton präsentiert die Autorin ihre Gedanken Leuchtenmüller zufolge meist stringent. Allerdings nähmen die antiamerikanischen Spitzen im Laufe der Darstellung zu. Ihre Studie gewinne immer dann an Plausibilität, wenn Haller theoretische Konstrukte mit ihren praktischen Erfahrungen in Bosnien und Herzegowina untermauere. Problematisch werde es hingegen da, wo die Autorin ihr Wissen über die USA offensichtlich einzig der Literatur entnommen habe. Im Ganzen hält Leuchtenmüller ihre Studie dennoch für nützlich.