Michaela Maria Müller

Mitterndorf

Roman
Cover: Mitterndorf
Quintus Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783969820407
Gebunden, 216 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

"Der Apotheker beugte sich während des Vorstellungsgesprächs unvermittelt über die aufgeschlagene Bewerbungsmappe auf dem Schreibtisch und fragte, ob sie wisse, dass sie schöne Rehaugen habe. Ihr wurde schlecht, als sein schweißglänzendes Gesicht plötzlich so nah vor dem ihren war, und sie hielt den Atem an. Dann stand sie mit einem Ruck auf, holte tief Luft und fragte ihn, ob er wisse, was ihr Vorname bedeute. Als er nichts antwortete, schleuderte sie ihm entgegen: 'Theresa bedeutet Jägerin', woraufhin er sich mit versteinerter Miene in den Bürostuhl zurückfallen ließ, sie ihm die Bewerbungsmappe unter seinen Händen wegzog und sein Büro verließ."April 1986. Die siebzehnjährige Resa arbeitet bei ihrem Vater auf dem Fischerhof, einem der letzten verbliebenen Bauernhöfe in der Gegend. Sie will den Hof nicht übernehmen, hat jedoch keine Ahnung, wie sie das ihrem Vater beibringen soll. Seit Kurzem haben sie einen neuen Nachbarn, Lothar Görlich, der mit Oskar Wolf im Austragshaus gegenüber lebt und mit einer einzigen Kuh eine Rinderzucht mit Uckermärkern aufbauen will, einer Rasse, die in der DDR für die Fleischproduktion gezüchtet wurde. Resa interessiert sich sehr dafür, doch im Dorf stoßen allein die Pläne auf Ablehnung. Als es im sowjetischen Atomkraftwerk Tschernobyl zum Super-GAU kommt und der Fallout auch der Landwirtschaft in Deutschland schweren Schaden zuzufügen droht, setzt sich die Erkenntnis durch, dass neue Zeiten anbrechen. Anhand alter Dokumente erfährt Resa endlich mehr über die Vergangenheit des Hofes und ihre Familie, und der schweigsame Vater beginnt, sich den Fragen seiner Tochter zu stellen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.03.2022

Rezensentin Nina Apin bekommt in Michaela Maria Müllers neuem Roman einen Einblick in das tiefste Westdeutschland. Die Autorin und Journalistin ist selbst in dem titelgebenden Dorf aufgewachsen, und so kann man Apin zufolge annehmen, dass die Erzählung um die 17jährige Heldin Resa, die sich nach ihrem Schulabschluss und einer missglückten Bewerbung auf dem landwirtschaftlichen Fischerhof ihres schweigsamen und verwitweten Vaters gefangen sieht, autobiografische Parallelen aufweist. Die bäuerlichen Figuren scheinen authentisch und sympathisch gezeichnet, der Hof-Alltag wird von Müller schnörkellos und gradlinig, ohne "'Herbstmilch'-Nostalgie" erzählt, lobt die Rezensentin. Der "dorfchronikhafte Kleinstrahmen" wirkt bescheiden und doch findet sich hier eine Menge Welt, darunter beispielsweise familiäre Tragödien und die sorgfältige Darstellung eines westlichen provinzialen Gebiets, versichert Apin.