Klaus Theweleit

Männerfantasien

Cover: Männerfantasien
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2019
ISBN 9783957577597
Gebunden, 1278 Seiten, 42,00 EUR

Klappentext

Vor 40 Jahren erschien mit Männerphantasien Klaus Theweleits große Untersuchung über die sexuelle, psychologische und soziopolitische Vorgeschichte des Nationalsozialismus in der Weimarer Republik. Das Werk, das für viele als Auftakt der Männerforschung in Deutschland gilt, ist längst zu einem Klassiker auch der Gewaltforschung geworden. Angesichts der Rückkehr rechten Straßenterrors und faschistoider Positionen, die viele schon an Weimarer Verhältnisse denken lassen, sowie von Propagandafeldzügen gegen freiere Sexualitäten - Stichwort: "Genderwahn" - sind die Analysen des Buches viel zu brennend, um es im Regal der großen Werke ins Archiv zu stellen. In dieser um ein langes Nachwort des Autors ergänzten Neuausgabe wird Theweleits epochales Werk nun endlich wieder verfügbar und diskutierbar, politisch neu nutzbar.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.02.2020

Eine interessante Besprechung samt Porträt schreibt Antonia Baum, in der sie ein bisschen das macht, was sie Theweleit als Innovation für wissenschaftlich-literarisches Arbeiten zuschreibt, nämlich die Bedingung des Schreibens und den Zweifel in der Arbeit selbst zu reflektieren. Dabei beginnt sie mit einem Besuch beim Autor, dessen Werk sie aus dem Bücherregal der Mutter kennt. Und sie beginnt mit der Verbeugung vor einem, der vor 40 Jahren in der Analyse des Nationalsozialistischen das Schwierigere versucht habe, nämlich nicht die eher primitive faschistische Ideologie zu analysieren, sondern die Gewaltfantasien der betreffenden Männer genauer zu betrachten und auf die nachgeborenen Männer, also auf sich selbst zu beziehen. Äußerst interessant, so vermittelt uns die Kritikerin, liest sich auch das neue Nachwort. Dort sei der Autor noch einmal auf seine Schreibbedingungen und psychische Verarbeitung eingegangen. Theweleit beziehe dort zudem die Charakteristika der damals analysierten Freikorpsmänner - das Nicht-erwachsen-geworden-Sein, den körperlichen Panzer, den Vernichtungswillen gegen alles Weiche und Weibliche - auf die Misogynie und den Rassismus heutiger, rechtsradikaler Attentäter. Auch die Rolle des Internets wird in Parallelität zur damaligen Rolle des Militärs in ihrer Funktion für solche Charaktere betrachtet. Ob die Kritikerin dies bei ihrem Besuch in Freiburg so gänzlich überzeugt hat, bleibt allerdings zweifelhaft.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.12.2019

Für die hier rezensierende Historikerin Birte Förster ist die Neuauflage von Klaus Theweleits Buch von 1977 ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Mehr als fraglich scheint ihr nicht nur, ob Theweleit Antworten auf heutige Fragen parat hat, sondern auch, ob Autor und Verlag Fortschritte in der Geschichtswissenschaft zur Kenntnis nehmen. Ein diesbezügliches Begleitwort im Buch vermisst Förster jedenfalls schmerzlich. Theweleits Werk scheint der Rezensentin allenfalls als historisches Dokument lesenswert, weil der Autor aus dem "alternativen Milieu" der 70er Jahre heraus schreibt, wobei er Förster mit seiner Collagetechnik mitunter über Gebühr fordert. Gemessen an den Maßstäben heutiger Historiografie greift das Buch zu kurz, und die fehlende Quellenkritik führt zu Problemen in Methodik, Erkenntnistheorie und Darstellung, findet Förster. Wofür die Aussagen des Materials im Buch eigentlich repräsentativ sein sollen, erschließt sich der Rezensentin zum Beispiel nicht.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 16.12.2019

Unmöglich zusammenzufassen, was Guido Graf in seiner ausführlichen Besprechung von Klaus Theweleits neu aufgelegtem Großwerk "Männerfantasien" alles anführt. Nur so viel: Theweleit untersuchte in seinem zweibändigen psychopolitischen Werk von 1977 faschistische Männlichkeit, soziale und sexuelle Krämpfe, Kastrationsängste und die mörderische Wut gegen Frauen. Rezensent Graf folgt Theweleit nicht in allen Gedankengängen, aber wie dieser seine Theorie aktualisiert und in den heutigen rechtsradikalen Massenmördern eine Fortsetzung der Freikorps-Milizen erkennt, die sich in ihrer faschistischen Sexualität gegen alles Weibliche wenden, gegen alles Strömen und Fluten, das beeindruckt ihn. Und toll findet er natürlich auch den speziellen Theweleit-Sound, der dieses 1200-seitige Konvolut aus Kulturgeschichte, kritischer Theorie und Prosagedicht für ihn locker lesbar macht.