Tahar Ben Jelloun

Zurückkehren

Roman
Cover: Zurückkehren
Berlin Verlag, Berlin 2010
ISBN 9783827009050
Gebunden, 144 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Christiane Kayser. Mohamed ist Muslim, Familienvater und Marokkaner - in dieser Reihenfolge. Und ein vorbildlicher Arbeiter: Vierzig Jahre hat er bei Renault in Paris am Fließband gestanden, Tag für Tag, nie kam er zu spät: Die Arbeit war sein Leben. Jetzt steht ihm die Rente bevor, und er zieht Bilanz: wie er 1962 sein Dorf in Marokko verlässt, nur den Koran in der Hand, der eingeschlagen ist in ein Stück vom Leichentuch seines Vaters und den er nicht lesen kann; die Heirat mit seiner Cousine; seine tiefe Religiosität, die ihm keine Assimilierung an die französischen Sitten gestattet, sein Abscheu aber auch vor den Fanatikern; seine fünf Kinder, die sich ihm entfremdet haben. "Lafrance", davon ist er überzeugt, hat ihm zwar Arbeit gegeben, ihm aber seine Kinder gestohlen: Er versteht ihr Französisch nicht, der eine Sohn hat eine Christin geheiratet und der andere, Rachid, nennt sich Richard. Halt findet er nur in einem alten Traum: nach Marokko zurückkehren, um das "Haus des Glücks und des Friedens" zu bauen, in dem er seine ganze Familie versammeln kann.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.11.2010

Bewegt berichtet Walter van Rossum von diesem Roman, in dem Tahar Ben Jelloun vom ganz normalen Schicksal eines ganz normalen marrokanischen Arbeiters in Frankreich erzählt: Mohammed lebt in der Banlieue von Paris, arbeitet bei Renault und ist dabei, seine fünf Kinder an "Lalla France" zu verlieren. Und das, obwohl er, der Analphabet, alles dafür getan hat, muslimische Sitten und Gebräuche hochzuhalten und natürlich auch die Regeln und die Ehre. Angesichts der drohenden Verrentung flieht er zurück nach Marokko, wo die Dinge einen offenbar recht dramatischen, wenn nicht tragischen Verlauf nehmen. Rossum sieht in ben Jellouns "Zurückkehren" einen wunderbaren, tiefgründigen Roman über "Differenz und Angst vor der Differenz", fürchtet allerdings, dass diejenigen, die es nötig hätten, sich von ihm nicht erweichen lassen werden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.08.2010

Joseph Hanimann bescheinigt Tahar Ben Jelloun für sein aktuelles Werk "Zurückkehren" Geschick in der Verarbeitung von aktuellen Themen, In dieser Verbindung aus Reportage und Roman geht es um Mohammed, der, einst nach Frankreich ausgewandert, um dort zu arbeiten und eine Familie zu gründen, nun nach Marokko zurückkehren will, um seine Hoffnung auf Lebensglück kurz vor der Rente mit einem Hausbau erfüllt zu sehen. Die Auflösung der Chronologie der Haupthandlung durch eingestreute Geschichten und Anekdoten beherrscht Jelloun besonders gut, meint der Rezensent, dabei würden aber leider - wie auch in früheren Texten des Autors - die Handlung langatmig und die Nebenfiguren zu schematisch. Jelloun fehle die "kompositorische Stringenz", findet Hanimann, erfreut sich aber trotzdem an dessen kleinen Binnenerzählungen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.06.2010

Für Niklas Bender zählt Tahar Ben Jelloun neben Assia Djebar zu den ganz Großen der frankophonen Maghrebliteratur. Wenn sich der Autor in diesem Roman erneut dem Themenkomplex Migration, Exil, Entwurzelung annimmt, weiß Bender, dass sich Jelloun der Chancen, aber auch der Risiken dessen bewusst ist. So zeigt Jelloun seinen "Allerweltshelden" am ersten Tag des Ruhestands, lässt ihn mit Gespür für die richtigen Motive sein Leben Revue passieren und gibt dem Rezensenten so einen guten Eindruck von der maghrebinischen Exilgemeinschaft in "Lafrance". Für Bender stellt sich dieses Leben als sehr menschlich und damit als universell dar. Allerdings liegt eben hier für den aufmerksamen Rezensenten auch die Tücke des Themas und eine Schwäche des Romans. Die richtige Perspektive auf das exemplarische Schicksal zu finden, gelingt Jelloun nach Benders Aussage nämlich nicht. Mal verkrampft nah, mal ironisch oder märchenhaft fern - hier, meint Bender hätte etwas mehr Distanz des Autors zur Figur sicher gut getan.
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