Mark Gevisser

Die pinke Linie

Weltweite Kämpfe um sexuelle Selbstbestimmung und Geschlechtsidentität
Cover: Die pinke Linie
Suhrkamp Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783518429884
Gebunden, 655 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Helmut Dierlamm und Heike Schlatterer. Für wie viele Geschlechter sollte es Toiletten geben? Manche sehen in dieser Frage nur einen Karnevalskalauer, andere nutzen sie zur Inszenierung eines Kulturkampfes. Viele Menschen erinnert sie jedoch schlicht an tagtäglich erfahrene Demütigungen. Über Themen der Geschlechteridentität und der sexuellen Selbstbestimmung wurde in jüngster Zeit weltweit erbittert gestritten. Und während in einigen Ländern erhebliche Liberalisierungsfortschritte zu verzeichnen sind, schüren in anderen mächtige politische Akteure gezielt Stimmung gegen Lesben, Schwule und Transpersonen. Mark Gevisser zeichnet diese neue Konfliktlinie - die pinke Linie, wie er sie nennt - rund um den Globus nach. Er schildert, wie queere Paare und Familien für rechtliche Gleichstellung kämpfen und zu welchen Strategien Aktivist:innen greifen, um tradierte Geschlechtervorstellungen in ihren lokalen Kontexten zu überwinden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.07.2021

Rezensentin Aurelie von Blazekovic empfiehlt dieses Buch des südafrikanischen Journalisten Mark Gevisser als umfassende und lehrreiche "Geschichte der globalen Queerness". Sie reist mit dem Autor von Malawi über Nigeria in die USA, nach Russland, Mexiko, Israel oder Ägypten, immer entlang der pinken Linie, die den Konflikt zwischen Liberalismus und Ablehnung von LGBT-Rechten markiert. Neben persönlichen Schicksalen, etwa von Zaira und Martha, die die erste lesbische Hochzeit in Mexiko feierten, liest Blazekovich hier von Sprachkriegen, Homophobie und Todesstrafen. Dass es zahlreiche Kulturen gibt, in denen es seit eher eine dritte Geschlechtskategorie gibt, erfährt die Rezensentin bei Gevisser ebenfalls.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.07.2021

Rezensentin Claudia Mäder ist beeindruckt von der Klugheit, mit der Mark Gevisser auf die pinke Linie blickt, an der entlang um gleiche Rechte für Homosexuelle oder LGBT-Personen gestritten wird. Berührend findet Schäder dabei nicht nur die Porträts, die der Autor von Verfolgten aus verschiedenen Ländern zeichnet, sondern vor allem auch Gevissers Sinn für die Paradoxien des Diskurses: So stellt er durchaus kritisch fest, dass das Label LGBT zu einer Münze in der globalen Ökonomie geworden sei, dass gerade fortschrittliche Gesetze im Westen oft zu harten Gegenreaktionen in traditionelleren Ländern führten oder dass Rechtspopulisten LGBT-Freiheiten gern für ihre Zwecke nutzten. Am interessantesten findet Mäder allerdings, wie Gevisser die jüngste Verschiebung der pinken Linie mit der Trans-Debatte markiert: Dass jeder Mensch sein Geschlecht selbst festlegen können sollte, klingt selbstbestimmt, könnte aber auch ein verheerender Rückschritt sein, glaubt Mäder, wenn Gender nämlich nicht mehr konstruiert ist, sondern auf einmal "fundamentaler Teil eines Selbst" wird.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.05.2021

Rezensent Jan Feddersen findet toll, wie sachlich und doch einfühlsam Mark Gevisser in seinem Buch queeres Leben erkundet. Dabei überzeugt der südafrikanische Autor (sich seiner privilegierten Situation als weißer Mann stets bewusst, lobt Feddersen) den Rezensenten sowohl als Analytiker historischer Entwicklungen als auch als Chronist: Die zahlreichen Interviews, die Gevisser mit Menschen rund um den Globus führte - einer Transfrau in Malawi, einem lesbischen Paar in Moskau, einem schwulen Mann in Nairobi - erzählen frei von Pathos, aber trotzdem sehr "nahbar" und berührend von der "Verletzlichkeit und Zähigkeit" dieser Menschen, lobt Feddersen. Nur die arabische, vor allem die iranische Welt sei leider nicht vertreten. Ein so "schönes wie intensives" Buch fern von der (linken) Verurteilung queerer Bewegungen als "wohlfeiles Identitätsgewusel", schließt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 24.04.2021

Bei all dem Chaos und den ungewollt sich ergebenden "schrägen Ironien" in der aktuellen Debatte um Geschlechteridentität ist Rezensent Marko Martin froh um Mark Gevissers Buch, in dem der Essayist, der bereits vor 30 Jahren ein wichtiges Buch über schwul-lesbisches Leben geschrieben hat, nun ganz verschiedene Menschenschicksale vorstellt: eine Transfrau aus Malawi, ein lesbisches Pärchen in Russland, junge Inderinnen abseits traditioneller Geschlechterrollen. Dass Gevisser dabei kein polemisches "Bestseller-Pamphlet" schreibt, sondern ungewöhnliche Überlegungen wie zum Zusammenhang von finanzieller Lage und identitärer Selbstbestimmung anstelle und dabei stets die Geschichten und die eigene Position reflektiere, ohne sich selbst in den Vordergrund zu drängen, findet der Rezensent höchst beachtenswert.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 19.04.2021

Rezensent Marko Martin freut sich, mit Mark Gevissers Buch eine ebenso reflektierte wie differenzierte Sicht auf die sexuelle Emanzipation und die Schicksale dahinter zu erhalten. Statt "schriller Polemik" bietet ihm der Autor Empathie für die einsame Transfrau aus Malawi oder das lesbische russische Paar, deren Geschichten er erzählt, ohne den liberalen Westen gegen Verhältnisse in Indien oder Nigeria auszuspielen. Die pinke Linie ist eine Zickzack-Linie, lernt Martin.