Jana Simon

Unter Druck

Wie Deutschland sich verändert
Cover: Unter Druck
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2019
ISBN 9783103973891
Gebunden, 336 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Die deutsche Wirtschaft wächst, die Welt bewundert Deutschland für seine Kraft, Stabilität und Weltoffenheit. Zugleich schrumpft die Mittelschicht, der Reichtum ist ungleicher verteilt als noch vor zwei Jahrzehnten. Jeder sechste Deutsche ist armutsgefährdet, die sozialen Aufstiegschancen sind so gering wie in kaum einem anderen westlichen Land. Die rechtspopulistische AfD erzielt bei Wahlen zweistellige Ergebnisse und sitzt nun im Bundestag. Ein großer Teil der Deutschen steht unter erheblichem Druck. Was bedeutet das für das Leben Einzelner und für das ganze Land? Anhand verschiedener Lebensgeschichten zeichnet die Journalistin Jana Simon ein differenziertes Bild Deutschlands, das die politische, soziale und wirtschaftliche Wucht der Veränderungen eindrücklich wiedergibt. Einige Protagonisten sind: der frühere EZB-Direktor Jörg Asmussen, der heute Investmentbanker ist; ein Polizist aus Thüringen; eine alleinerziehende Krankenschwester; eine "Influencerin" und der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.08.2019

Oliver Jungen fühlt sich mit Jana Simons Reportagen in der ersten Reihe. Das hautnahe Betrachten von Politik- und Zukunftspessimisten wie Alexander Gauland, SPD-Mann Jörg Asmussen, einer aus Polen stammenden Altenpflegerin und eines am System verzweifelnden Staatsschützers lässt ihm angst und bange werden. Simons Langzeitbeobachtung von Gauland etwa liest er als "Tragödie einer Verhärtung", die Ausführungen der Pflegerin drehen sich um Sozialneid und ein kaputtes Gesundheitswesen, erklärt er. Als Reporterin und Beobachterin ist Simon hervorragend, meint Jungen, dass die Autorin keine Analysen mitliefert, findet er jedoch bedauernswert.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.06.2019

Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Dieselkrise - seit Jahren kommt Deutschland nicht aus dem Krisenmodus heraus, wird die Gesellschaft von Abstiegsangst und Zukunftssorgen umgetrieben und in gegnerische Lager gespalten, die sich verständnislos und bisweilen feindselig gegenüberstehen. Zeitdiagnostische Sachbücher haben da Konjunktur, und Christoph Dorner hat sich einen Stapel davon vorgenommen, darunter die Langzeitreportage "Unter Druck" von Jana Simon. Unter den sechs Protagonisten, die Simon über mehrere Jahre begleitet, sind eine Münchner Altenpflegerin, die Ressentiments gegen Flüchtlinge entwickelt, die Familie eines schwäbischen Ingenieurs, die von der Dieselkrise erschüttert wird, aber auch Politiker wie der ehemalige SPD-Staatssekretär Jörg Asmussen und der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland, fasst der Rezensent zusammen. Zunächst glaubt Dorner noch eine Zweiverwertung von teilweise bereits in der "Zeit" erschienenen Texten zu lesen, doch durch den langen zeitlichen Bogen entsteht irgendwann "ein Sog, den analytische Sachbücher nicht erreichen", wie der Rezensent feststellt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.06.2019

Rezensentin Anja Maier hat die Berichte über sieben Menschen, die die Zeit-Journalistin Jana Simon über fünf Jahre hinweg begleitet hat, mit Spannung gelesen. Ob sie die Radikalisierung Alexander Gaulands, die zunehmende Verbitterung einer Münchner Krankenpflegerin, das Stochern eines Polizisten im NSU-Sumpf, die bürgerlichen Sorgen eines Ehepaares oder die nebulösen Tätigkeiten einer Berliner Influencerin verfolge, Simon zeige jeden der sieben Menschen unter dem wachsenden Druck einer neoliberalen Gesellschaft, so Maier. Gerade weil die angerissenen Problembereiche so öffentlich seien, biete das Buch eine scharfe Diagnose einer zunehmenden allgemeinen Verunsicherung, meint die Kritikerin. Sie hätte sich aber gewünscht, dass Simon auch den freiwerdenden Potenzialen in einer solchen Umbruchssituation nachspürt, anstatt eine unausweichliche Katastrophe heraufzubeschwören.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 28.05.2019

Melanie Longerich hält Jana Simon für eine große Reporterin. Wie die Autorin in ihrem neuen Buch eine Krankenschwester, eine Influencerin, einen Investmentbanker, einen Staatsschützer und AfD-Chef Alexander Gauland seit 2013 begleitet und zu Wort kommen lässt zu Themen wie Gesundheit, Bildung, Migration, Globalisierung und Extremismus, findet Longerich politisch lehrreich. Die Schicksale der Protagonisten bleiben Longerich im Kopf. Eine sprachlich einfach gefasste, sehr eindringliche Langzeitbeobachtung, findet die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.04.2019

Harry Nutt findet beachtenswert, was Jana Simon in ihrem Buch leistet. Dass sie zuhören kann, die Sorgen eines Polizisten, einer polnischstämmigen Krankenschwester oder eines eigentlich gut situierten "Leistungsträgerpaares" ernst nimmt oder sich Alexander Gauland mit dichten Beschreibungen nähert, ohne ihm auf den Leim zu gehen, scheint dem Rezensenten nicht selbstverständlich. Simons Langzeitbeobachtungen ergeben für ihn ein kontrastreiches Bild der Gesellschaft. Dokumentarische Sozialforschung at its best, meint er.