Maria Janion

Die Polen und ihre Vampire

Studien zur Kritik der Phantasmen
Cover: Die Polen und ihre Vampire
Suhrkamp Verlag, Berlin 2014
ISBN 9783518424308
Gebunden, 475 Seiten, 48,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Magdalena Marszalek. Aus dem Polnischen von Bernhard Hartmann und Thomas Weiler. Im Zentrum ihres Werkes steht der Begiff der krytyka fantasmatyczna, die Befragung von Literatur, Film und Kunst auf ihre imaginären Potenziale hin, auf bewusste und unbewusste kulturelle Vorstellungen, Selbst- und Fremdbilder, die in den ästhetischen Gebilden wirksam sind. Ein bedeutendes romantisches Phantasma ist der Vampir als Doppelgänger und Schatten, als "Symbolfigur für die Transgression zum Bösen". Maria Janions kritische Studien zu Bildern des Weiblichen oder zum unheimlichen Slawentum als dem Unterbewussten der europäischen Kultur provozieren nationalkonservative Kreise bis heute. Was es für die Polen bedeutet, dass ihr Land Schauplatz des Holocaust war, ist eines der großen Themen ihres Spätwerks. Mit ihrem Ruf "Nach Europa, ja! Aber nur zusammen mit unseren Toten" fordert sie, im Anschluss an Adam Mickiewicz "Ahnenfeier" und Imre Kertész Rede vom "Holocaust als Kultur", eine Kultur des Trauerns und Erinnerns.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.11.2014

"Größte Intellektuelle" Polens oder "Margaret Thatcher der polnischen Humanistik" sind nur einige der Lobpreisungen der Literaturkritikerin, Bürgerrechtlerin und Feministin Maria Janions, informiert Rezensentin Marta Kijowska mit großer Zustimmung und ist umso erfreuter, dass unter dem Titel "Die Polen und ihre Vampire" nun neun ihrer wichtigsten Studien auf Deutsch erschienen sind. Die Kritikerin liest hier nicht nur Interessantes über die Geschichte und Mentalität der Polen, sondern folgt auch fasziniert Janions Ausführungen über eine Literaturgeschichte, die auf ihre imaginären Inhalte hin befragt werden müsse. Insbesondere erforsche die Autorin die Romantik, die auch heute noch in Polen fortwirke, ihr Selbstverständnis bestimme und die sich mit der Theorie des Vampirismus verbinden lasse, berichtet die Rezensentin, die in diesem hervorragenden Band auch Persönliches über die unkonventionelle Freidenkerin Janion erfahren hat.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.09.2014

Die Arbeiten der polnischen Literaturwissenschaftlerin Maria Janion sind in Deutschland lange Zeit unbeachtet und unübersetzt geblieben, umso mehr freut sich Katharina Teutsch, dass mit "Die Polen und ihre Vampire" nun endlich ein Erstkontakt für deutsche Leser möglich wird, so die Rezensentin. Janion betreibt kritische Geisteswissenschaften auf höchstem Niveau, berichtet Teutsch beeindruckt: gekonnt bringt sie Topoi der Motiv- und Ideengeschichte mit der historischen Entwicklung Polens in Zusammenhang, etwa die Verbreitung der Vampire in der Literatur mit dem Verhältnis der Polen zu ihrer zwiespältigen Identität, "östlich des Westens und westlich des Ostens", immer wieder von Besatzern in den Schatten gedrängt, fasst die Rezensentin zusammen. Janion schreibt in der Tradition von postkolonialen und feministischen Theoretikern, ohne sich in "Poststruktur-Artistik" zu verlieren, dafür mit großem Talent fürs Erzählen, lobt Teutsch.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.07.2014

Es ist das traurige Los der Philologen, dass sie in der Öffentlichkeit selten einmal über nationale Grenzen hinaus bekannt werden, weiß Stephan Wackwitz, was er im Fall der polnischen Sprachwissenschaftlerin Maria Janion sehr bedauert, zumal sie mitnichten nur Akademikerin ist: früher aktive Kommunistin, heute Bürgerrechtlerin, feministische Publizistin und kritische Kommentatorin des Tagesgeschehens, zählt der Rezensent auf. In den gesammelten Texten in "Die Polen und ihre Vampire" widmet sich Janion ihrem Spezialgebiet, berichtet Wackwitz: der polnischen Romantik und ihrem Fortdauern in den "Tiefenstrukturen polnischer Kultur". Es gibt in Polen eine lange Tradition "nationalutopischer Aufstandsromantik", erfährt der Rezensent, auch einen messianischen Mythos, der Polen als "Christus der Nationen" ausmalt, bis hin zu exotischeren Nachtmotiven, welche die Vampire im Buchtitel umfassen, wie Wackwitz verrät. Die Überbleibsel der Romantik erklären das ambivalente Verhältnis Polens zur Moderne, das nationalen Pathos und europäische Integration erstaunlich gut zu verbinden weiß, so der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 26.07.2014

Die polnische Literaturwissenschaftlerin Maria Janon sollte dringend mehr in Deutschland rezipiert werden, fordert Rezensentin Stefanie Peter, denn neben etwa dem Kampf für das Recht auf Abtreibung im eigenen Land, habe kaum jemand so viel für die westöstlichen Beziehungen geleistet wie Janion. Umso dankbarer ist die Kritikerin, dass nun unter dem Titel "Die Polen und ihre Vampire" eine Aufsatzsammlung vorliegt, die unter anderem am Beispiel polnischer romantischer Dichter des 19. Jahrhunderts brillant vorführt, wie sehr das Land zwischen östlicher und westlicher Tradition zerrissen war. Vor allem bei dem Dichter Adam Mickiewicz entdeckt die Rezensentin klassische Romantik-Motive wie Vampire, Dämonen und Gespenster. Interessiert liest sie auch Janions großen Bialoszewski-Essay aus dem Jahr 1976, vermisst allerdings einige der feministischen Aufsätze der Wissenschaftlerin. Dennoch kann die Kritikerin diesen Band nur unbedingt empfehlen, allein schon um eine der "großartigsten" Zeitzeuginnen des 20. Jahrhunderts zu entdecken.