Vladimir Jabotinsky

Richter und Narr

Roman
Cover: Richter und Narr
Die Andere Bibliothek, Berlin 2013
ISBN 9783847730019
Gebunden, 382 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. An den biblischen Samson aus dem Buch der Richter im Alten Testament angelehnt, beginnt Vladimir Jabotinsky Jahre später sein literarisches Porträt 1919 in Palästina und publiziert es erstmalig 1926 in Paris: aus den vier biblischen Kapiteln erwächst ein vierhundertseitiges Werk im Stil der großen Romane des 19. Jahrhunderts. Im antiken Ambiente, im Spannungsfeld politischer Seilschaften entwickelt sich um Samson stark, fast unbesiegbar, intelligent die Auseinandersetzung um die Vorherrschaft im Land zwischen den drei Volksgruppen in Kanaan: Philistern, Israeliten und dem Stamm Dan. Der Konflikt wird mit ungleichen Waffen geführt, da die gebildeten, den anderen Stämmen überlegenen Philistern zwar weniger Muskelkraft, dafür aber umso mehr geistiges Wissen, kultiviertere Umgangsformen sowie auch Eisen besitzen. Samson, dessen biblische Wundertaten auf ein realistisches Maß gekürzt sind "über Simsons Räubereien und Streiche waren viele Legenden im Umlauf. Die Mehrzahl war erfunden" steht zwischen zwei Volksgruppen: zum einen durch seine Heirat und zum anderen durch seine eigene Herkunft, die fast bis zum Schluss reine Spekulation ist. Diese Problematik wirft die Frage auf, ob Freundschaft auch über Landesgrenzen hinweg bestehen kann. Samson entscheidet sich am Ende eindeutig und gibt seinen Landsleuten den Rat: "sie sollen Eisen sammeln, sie sollen einen Knig [König] wählen und sie sollen lachen lernen."
Weitere Konflikte liefert die Beziehung des Helden zum weiblichen Geschlecht. Mit einem literarischen Kunstgriff versteht es Jabotinsky meisterlich, die Kluft zur biblischer Vorlage zu meistern: "Wahrheit ist nicht das, was in einer von vielen Nächten geschehen ist. Wahrheit ist das, was für immer im Gedächtnis der Menschen bleiben wird." Und im Gedächtnis bleiben wird das meisterliche Werk Jabotinskys, das längst zu einem Klassiker der israelischen Literatur geworden ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.12.2013

Mit einer gelehrten Besprechung würdigt Rezensent Jakob Hessing Vladimir Jabotinskys erstmals 1927 erschienenen Roman "Richter und Narr", der nun im Zuge der Neuauflage von Jabotinskys Werk auf Deutsch erschienen ist. Der Kritiker liest den Roman zwar mit Blick auf Jabotinskys Vergangenheit als Gründer eines militanten Flügels und geistiger Vater der politischen Rechten in Israel, stellt aber zugleich fest, dass dieses Buch ein künstlerisches Meisterwerk ist, das über seine "ideologischen Voraussetzungen hinauswächst". Und so folgt er hier ebenso gespannt wie begeistert der Umarbeitung der biblischen Überlieferung von Samson und Delila, die gegen die Philister kämpfen. Delila erscheint hier nicht als Schwester, sondern Halbschwester von Samsons ermordeter Frau, die ihm nicht im Auftrag der Bibel, sondern aus Eifersucht die Haare abschneidet. Darüber hinaus fühlt sich Samson bei Jabotinsky den Philistern heimlich nahe, während er die Primitivität seiner Stämme, der Israeliten, verachtet, so der Kritiker. Wenn auch Jabotinskys politischer Hintergrund durchaus in dem Roman erkennbar ist, sollte er doch nicht zuletzt als aufregender "Abenteuerroman" gelesen werden, in dem die Stimme des Künstlers lauter als jene des Politikers zu vernehmen ist, meint der Rezensent.
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