Christian Metz

Kitzel

Genealogie einer menschlichen Empfindung
Cover: Kitzel
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2020
ISBN 9783100024503
Gebunden, 640 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Mit Schwarzweiß-Abbildungen. Das Kitzeln gehört zum Menschsein wie keine andere Empfindung. Christian Metz legt die allererste Philosophie des Kitzels vor - an der Schnittstelle von Kulturwissenschaft, Emotionsgeschichte und Lachforschung. Der Kitzel hat nicht nur Geschichte, er macht Geschichte. Vor allem aber macht er Geschichten: Jeder Mensch hat schon einmal einen anderen gekitzelt - und für Erstaunen sorgt nicht, wer kitzlig ist, sondern wer behauptet, es nicht zu sein. Der Kitzel ist ein merkwürdiges Phänomen. Als gemischte Empfindung erzeugt er Lust und Schmerz, Lachen und Abwehr gleichzeitig. Als Berührung ist er so flüchtig, dass er keinerlei Spuren hinterlässt. Kein Wunder, dass er bislang weder in der Humorforschung noch in der Geschichte der Gefühle beachtet worden ist. In seiner fulminanten Studie zeigt Christian Metz jedoch, dass der Kitzel sehr wohl eine bedeutende Rolle spielt. Ob als historisches Instrument der Folter, Element der Sexualität oder aufregender Nervenkitzel: Von Aristoteles über Platon und Descartes, von Grimmelshausen bis Jean Paul, von Hegel bis Darwin, Nietzsche und Freud führt der Kitzel ein bedeutendes Leben in der Kulturgeschichte. Indem Metz den Kitzel methodisch aufschlüsselt und seinen Narrativen über die Jahrhunderte hinweg nachspürt, gelingt ihm ein faszinierender Blick auf dessen anthropologischen, philosophischen, kunstgeschichtlichen und - als erzählter Kitzel - literarischen Einfluss. Der Kitzel, das wird klar, ist ein unverzichtbarer Teil der Emotionsforschung und muss nach dieser Genealogie völlig neu bewertet werden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.11.2020

Der hier rezensierende Literaturwissenschaftler Manfred Koch empfiehlt das Buch seines (FAZ-) Kollegen Christian Metz mit leichten Einschränkungen. 2.500 Jahre bedächtig aufgearbeitete und nichts auslassende Geschichte des Kitzels von Aristoteles über Descartes, Hegel und Nietzsche, Kafka und Freud bis hin zu Elfriede Jelinek und Friedrich A. Kittler bekommt der Kritiker hier präsentiert: Koch erfährt von der literarischen, philosophischen und medizinhistorischen Bedeutung jener "Berührungsfigur", amüsiert sich noch einmal über Robert Musils "Lachkitzelstudie" über das Pferdelachen und bewundert nicht zuletzt Querverweise zu Renaissancemalerei und "Metaphorik von Fußballtrainern". Der ein oder andere wagemutige kulturwissenschaftliche "Brückenschlag" - etwa zum "kritzelnden Kitzeln" von Schreibpapier - geht dem Rezensenten dann allerdings doch zu weit. Und so stellt sich bei ihm während der Lektüre gelegentlich ein wenig Ermüdung ein.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 28.08.2020

Rezensentin Jutta Person geht erschöpft hervor aus der Lektüre der umfangreichen kulturwissenschaftlichen Studie von Christian Metz, aber auch gut informiert. So lernt sie, wie die antike Philosophie und die Literatur des 18. Jahrhunderts sich mit dem Kitzel auseinandersetzten, welche Rolle der Kitzel im Liebesdiskurs spielte und welche nach der Aufwertung des Körpers bei der Subjektbildung. Der Lesegewinn liegt für Person nicht darin, dass die Leserin jedem "Deutungsdetail" zustimmen kann, sondern darin, dem "dekonstruktivistisch geschulten" Autor durch die Jahrhunderte zu folgen, auch wenn das ein oder andere Thema (Kitzel im Tierreich!) zu kurz kommt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 14.08.2020

Michael Opitz kann sich nur wundern angesichts des Sachbuches von Christian Metz, dass es bisher noch keine Kulturgeschichte des Kitzels gab. Diese Lücke schließt der Autor laut Rezensent gekonnt, indem er Neurowissenschaftliches zum Thema genauso vermittelt wie An- und Einsichten zum Kitzel und zum Kitzeln von der Antike bis heute, von der Literatur bis zu den bildenden Künsten. Das macht Metz akribisch und kontexbewusst in den Analysen, meint Opitz, und indem er die Materialfülle schlau arrangiert. Nur manchmal hätte weniger Emphase bei den Interpretationen noch überzeugender gewirkt, findet der Rezensent.