Gerhard Besier

Das Europa der Diktaturen

Eine neue Geschichte des 20. Jahrhunderts
Cover: Das Europa der Diktaturen
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2006
ISBN 9783421058775
Gebunden, 880 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Unter Mitarbeit von Katarzyna Stoklosa. Nicht nur in Deutschland zählt das 20. Jahrhundert zu den dunkelsten der Geschichte. In fast allen anderen europäischen Nationen gab es Diktaturen; Millionen von Menschen wurden Opfer von Zwangsherrschaft, Verfolgung und Krieg. Gerhard Besiers Darstellung untersucht erstmals im großen Zusammenhang, wie es zur Destabilisierung der europäischen Staaten in der ersten Hälfte des Jahrhunderts kommen konnte und wie sich die neu entstehenden rechten und linken Diktaturen wechselseitig stützten und einander beeinflussten. Der Autor vergleicht die unterschiedlichen Zwangsregime, die Deutschland, Russland und Italien geprägt haben, aber auch viele weitere kleinere und größere europäische Staaten, von Griechenland bis Polen, von Portugal bis Rumänien.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.04.2007

Kein gutes Haar lässt Henning Köhler an Gerhard Besiers Band über Diktaturen. Das Werk scheint ihm völlig unausgegoren. Inwiefern hier eine "neue Geschichte des 20. Jahrhunderts" erzählt werde, bleibt für ihn "vollends rätselhaft". Schon die Einleitung, in der sich der Autor gegen eine Relativierung der deutschen Kriegsschuld ausspricht, ist ihm ein Dorn im Auge. Auch am weiteren Verlauf der Arbeit hat er keine Freude. Merkwürdig scheint ihm die Begrifflichkeit Besiers, der von Konsensdiktaturen, von konstitutionellen Diktaturen, die zu totalitären Diktaturen werden, von Königs-, Präsidial- und Abwehrdiktaturen redet. Der Abhandlung der Diktaturen in Russland, Deutschland, Italien und anderen Ländern hält er "darstellerische Dürftigkeit" und "viele Ungenauigkeiten" vor. Den "absoluten Tiefpunkt" des Bands markiert für Köhler schließlich die Abhandlung der Weimarer Republik und der NS-Diktatur. Als "ungeheuerlich" gar empfindet er die Behauptung Besiers, das Wissen vom Holocaust sei deutsches Allgemeingut gewesen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.10.2006

Geradezu enzyklopädischen Umfang habe diese Geschichte der europäischen Totalitarismen, honoriert Rezensent Micha Brumlik die enorme "Fleißarbeit" der Autoren. Der erste Teil sei den rechten Diktaturen gewidmet, der zweite der Geschichte des Stalinismus. Wobei Stalinismus und Nationalsozialismus in der "zurückhaltenden" Studie nirgends gleichgesetzt würden. Ein Manko der nüchternen Darstellungsweise insgesamt ist für den Rezensenten allerdings, dass auf die massiven "Traumata" nicht näher eingegangen würde. Hier im Verzicht auf eine gesellschaftstheoretische Analyse liegt für Brumlik auch der Grund, warum letztlich das Versprechend des Untertitels nicht eingelöst wird. Selbst im Vergleich zu frühen Forschungen von Ernst Nolte zeige sich hier ein klares Defizit. Auch der schiere Umfang des Projektes, gibt der Rezensent zu bedenken, werde wahrscheinlich dazu führen, dass Einzelstudien viele Ergebnisse bald obsolet machen werden. Als Informationsquelle jedoch über die Möglichkeiten einer modernen Totalitarismusforschung kann er den Band durchaus empfehlen.