Arnold Angenendt

Toleranz und Gewalt

Das Christentum zwischen Bibel und Schwert
Cover: Toleranz und Gewalt
Aschendorff Verlag, Münster 2006
ISBN 9783402002155
Gebunden, 797 Seiten, 24,80 EUR

Klappentext

Der Kirchenhistoriker Arnold Angenendt behandelt in seinem neuen Buch die heute gängigen Anklagen gegen das Christentum. Die Liste der aufgerechneten "Todsünden" ist lang: Leib- und Geschlechterfeindlichkeit, Erzeugung falscher Schuldgefühle, Anspruch auf alleinseligmachende Wahrheit und damit Intoleranz, Absegnung der Kreuzritter als Beihilfe am Tod unschuldiger Moslems, die Inquisition mit Folterung und Verbrennung der Ketzer, wie der Hexen, die Mission als Kolonialkrieg bei Ausrottung ganzer Volksstämme, Antijudaismus als Wegbereiter des Holocaust. Eine "Blutspur" von neun Millionen Opfern habe das Christentum in der Geschichte hinterlassen. In Summe sei es eine altgewordene Weltreligion, die am besten abdanke.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.01.2008

Beeindruckt zeigt sich Rezensent Robert Misik von Arnold Angenendts Studie "Toleranz und Gewalt". Das Ziel des Kirchenhistorikers sieht er zum einen im Nachweis der zahlreichen Fortschritte wie Toleranz, Individualismus und Rechtsstaatlichkeit, die das Christentum hervor gebracht hat, zum anderen in der kritischen Auseinandersetzung mit den Vorwürfen ihrer Gewaltgeschichte, die dieser Religion gemacht werden. Überzeugend scheint Misik in diesem Zusammenhang etwa die Relativierung der landläufigen Vorstellungen von den Grausamkeiten der Inquisition. Deutlich wird für ihn, dass die Inquisition gemessen am bis dahin historisch Üblichen tatsächlich einen Schritt in Richtung Rechtsstaatlichkeit markierte. Er rückt dabei auch die Rolle des weltlichen Staates zurecht, der die Religion oft instrumentalisierte und zum Beispiel wesentlich schärfer gegen Heiden vorging, als der Klerus, der Toleranz forderte. Auch im Blick auf andere Fragen, die Rolle der Frau etwa oder die Sklaverei, findet Misik bei Angenendt höchst instruktive Ausführungen, die gängige Vorurteile widerlegen. Trotz lobender Worte ist er freilich nicht zum Kirchenapologetiker mutiert. Denn einige Thesen des Autors scheinen ihm streitbar und nicht immer überzeugend. Doch klar ist für ihn auch: Wer über das Thema Toleranz und Gewalt im Christentum mitreden will, "kommt künftig um Angenendts Buch nicht mehr herum".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.07.2007

Als "ideenpolitische Intervention ersten Ranges" gegen die schrillen Anklagen unserer Zeit feiert Rezensent Eckhard Nordhofen dieses Buch, vor dessen "differenzierter Gelehrsamkeit" und "unglaublichen Arbeitsleistung" er tief den Hut zieht. Arnold Angenendt liefere seriöse Geschichtsschreibung in Sachen Gewalt und Religion - aus Sicht des Rezensenten bitter nötig in  Zeiten der hysterischen Plädoyers. Das Buch bestehe zu einem großen Teil aus "den höchst lesbar gemachten Ergebnissen" von Spezialforschungen, etwa zum Thema Inquisition. Der Kirchenhistoriker rekonstruiere aber auch Mentalitätsgeschichte, zum Beispiel des Antisemitismus. Angenendts Stil sei schnörkellos und nehme keine Rücksicht auf interkonfessionelle Empfindlichkeit. Er greife Grundfragen der gegenwärtigen Debatte über die Zusammenhänge von Monotheismus und Gewalt auf und folge ihnen "in einem Längsschnitt durch die Religionsgeschichte". Mit genauen Zahlen, Analysen und Belehrungen rücke er polemische Übertreibungen ebenso zurecht, wie revisionistische Untertreibungen. Insgesamt vollbringt das Buch für Nordhofen das Kunststück, "Aufklärung und Religion zusammenzudenken". Auch was den Rückgriff des Autors auf Quellen und Forschungsliteratur betrifft, wurden sämtliche Erwartungen des Rezensenten weit übertroffen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.12.2006

Arnold Angenendts Buch über "Toleranz und Gewalt" im Christentum hat Rezensent Michael Pawlik rundum überzeugt. Das Buch zeigt für ihn die einmaligen Möglichkeiten auf, die das Christentum für die Begründung von Toleranz und Menschenwürde bietet. Vor allem die Auffassung einer verhängnisvollen Neigung des Christentums zu Intoleranz und Gewalt sieht Pawlik damit widerlegt, aber auch die seit dem 19. Jahrhundert unkritisch verbreitete Assoziation von Fortschritt mit Aufklärung und Französischer Revolution. So lege Angenendt dar, wie die Christianisierung die primitiven Stammesreligionen der Germanen zur Hochreligion transportierte und auf diese Weise Europa in die Kulturentwicklung der Menschheit integrierte. Pawlik bescheinigt dem Autor, die Kehrseite dieses Prozesses, den christlichen Terror von Inquisition und Ketzertötungen, Schwertmission und Kreuzzügen keineswegs zu verschweigen. Das Verdienst dieses Buchs sieht er aber darin, mit "großer Gelehrsamkeit" und "Darstellungskunst" an die andere Seite zu erinnern.
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