Philip Roth

Exit Ghost

Roman
Cover: Exit Ghost
Carl Hanser Verlag, München 2007
ISBN 9783446230019
Gebunden, 296 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Dirk von Gunsteren. Nathan Zuckerman, Roths langjähriger Held und vielleicht sein Alter Ego, kehrt nach New York zurück, um dann für immer abzutreten. Er trifft in Manhattan ein junges Paar, das nach dem 11. September der Stadt entfliehen will, und bietet ihnen einen Wohnungstausch an - nicht ohne Hintergedanken. Ihn fasziniert Jamie, die junge Frau, und ihn überfallen Gefühle, die er längst überwunden glaubte. Durch sie lernt er einen Mann kennen, der die Biografie des vom jungen Zuckerman verehrten Schriftstellers Lonoff schreiben möchte. Auf einmal ist Zuckerman so involviert, wie er es nie mehr sein wollte. Liebe, Trauer, Begehren und Ressentiment, alles ist wieder da.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 03.03.2008

Wiebke Porombka hat die jüngsten Romane von Philip Roth und Martin Walser über alternde Schriftsteller gelesen und dabei nicht wenig gelitten, doch gerade wegen der schonungslosen, mitunter gar quälenden Darstellung hält sie die literarischen Projekte für gelungen. Philip Roth lässt in "Exit Ghost" seinen schon aus früheren Romanen bekannten Nathan Zuckerman eine flammende Leidenschaft für eine junge Frau erleben und nicht zuletzt an den körperlichen Einschränkungen des Alters - Zuckerman ist seit einer Prostata-Operation inkontinent und impotent - scheitern, fasst die Rezensentin zusammen. Doch gehe es um mehr, als um einen alten Mann, der eine junge Frau begehrt: Roth verhandele gleichzeitig die Ängste seines Protagonisten, was von seinem literarischen Vermächtnis und aus seiner Person als Autor in der Nachwelt übrig bleibe, erklärt Porombka. Mitunter scheint der Roman selbst an den Gebrechen des Alters zu leiden, wenn etwa die "seltsam sprunghafte" und mitunter auch auf der Stelle tretende Erzählweise die "zeitweilige Demenz und Orientierungslosigkeit" Zuckermans geradezu spiegelt, stellt die Rezensentin fest. Trotzdem ist Porombka beeindruckt von dieser schonungslosen Darstellung des Alters, und auch wenn Passagen wie die detaillierten Schilderungen des Inkontinenzproblems des greisen Helden eine "Zumutung" für den Leser darstellen, so zeichnet sich gerade hier auch das "Gelingen" dieses Altersromans ab, lobt Porombka.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.02.2008

"Exit Ghost", letzter Auftritt Nathan Zuckerman. Das Alter Ego des Autors, dessen Lebenswendungen freilich keineswegs, wie Roth immer wieder betont, autobiografisch zu lesen sind, kämpft ein letztes Mal mit dem Begehren und der Liebe. Er kehrt, nach einer Prostata-Krebs-Operation, aus dem Ruhestand nach New York zurück, verfällt, um die Aussichtslosigkeit diese Verfallens wissend, einer viel, viel jüngeren Frau und zieht im zweiten Teil noch einmal in den Kampf mit einem jüngeren Rivalen. Der Rezensent Richard Kämmerlings weist auf Bezüge zu früheren Romanen hin - so taucht die Figur der Amy Bellette aus dem "Ghost Writer" wieder auf - und sieht ihn als weitere Variation von Roths Zuckerman-Grundthemen. Die drei Motive "Judentum", "Schriftstellertum" und "Geilheit" werden durchdekliniert, mal das eine, mal das andere probeweise weggelassen, diesmal "begegnet uns ein Zuckerman ohne Sex". Zwar erwähnt Kämmerlings gewisse Konstruiertheiten der Handlung nebenbei, auch die Übersetzung habe, wie er meint, ihre "Nachlässigkeiten" - insgesamt aber hält er den Roman offenkundig für ein weiteres reifes Werk eines großen Autors.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.02.2008

Spürbar genervt ist Ijoma Mangold von diesem jüngsten Roman des ewigen Nobelpreiskandidaten Philip Roth. Zwar ist Mangold weit davon entfernt, dessen Werk in Bausch und Bogen zu verwerfen. Manche seiner Romane jedoch, und "Exit Ghost" gehöre fraglos dazu, machten schon sehr deutlich, dass die Produktivität des Autors sich gelegentlich einer gewissen "Bequemlichkeit" verdankt. Und dass der Mangel an Anstrengung, den es Roth etwa kostet, im Modus seines Alter Egos Nathan Zuckerman zu schreiben, doch zu einer enervierenden gedanklichen Oberflächlichkeit führt. Ex negativo - schließlich ist Zuckerman nach einer Krebsoperation so inkontinent wie impotent - gehe es in "Exit Ghost" ein weiteres und für Zuckerman wohl letztes Mal um den "elan vital", der im Begehren seinen Ausdruck findet. Begehrt wird heftig, und zwar eine sehr viel jüngere Frau. Die aber sei hier, auch dies wohl nicht zum ersten Mal bei Roth, kaum mehr als eine "Reißbrett-Verführerin". Und die Handlung, in der es unter anderem noch einen Rivalen gibt, ist dann, so Mangold ungehalten, allzu leicht mit "Kolportage" zu verwechseln.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.02.2008

So ganz glücklich ist Rezensent Georg Diez mit Philip Roth' neuem Roman nicht geworden. Zwar beeindruckt ihn auch diesmal, wie schonungslos eitel Roth seine Hauptfigur Zuckerman präsentiert und mit welcher Härte er gleichzeitig an ihm die "Farce des alternden Mannes" durchexerziert. Allerdings scheint für den Geschmack des Rezensenten dann immer eine Spur zu deutlich Roth selbst als Alter Ego seines Helden durch, weshalb besonders die junge und attraktive Frauenfigur samt ihrer, von Roth höchstpersönlich erdachten Brüste, immer wieder den Spott des Rezensenten provoziert. Auch ist Diez der Meinung, dass das Buch auf Grund der vielen Klischees von Alter und Begehren nach 50 Seiten bereits ziemlich "ins Schlingern" gerät und so recht bis zum Schluss nicht mehr auf Kurs zu bringen ist. Insgesamt aber ist diese Rezension von einem fast zärtlichen Zynismus getragen, dass man bei aller darin heftig formulierten Kritik doch von beträchtlichem Lesevergnügen und viel Rezensentensympathie für Roth ausgehen muss, den Diez liebevoll zum "grantigen Großonkel der Weltliteratur" ernennt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.02.2008

Einen "schönen, schmalen Roman" nennt Rezensentin Andrea Köhler diesen neuesten Roman von Philip Roth, in dem Protagonist Nathan Zuckerman - mittlerweile 71 Jahre alt, impotent und inkontinent - angeblich seinen letzten Auftritt haben soll (was Roth aber schon öfter angekündigt hat). Und Köhler hat darin alle Motive wiedergefunden, für die sie Roth mag: den Stachel des Begehrens, die "Demütigung des Alters", das Toben dagegen. Wiedergetroffen hat sie auch die Figur der Amy Bellette aus "The Ghostwriter", deren Lebensgeschichte Roth nun enthüllt, was für Köhler eine ganz große Erzählung über die "Macht der Leidenschaft und den Preis der Hingabe" darstellt. Als weiteres Plus rechnet die Rezensentin dem Roman Gedanken über das Schreiben an und das Spiel mit literarischen Ebenen. Über Roth' Auslassungen zum Niedergang der Literaturkritik, zu George Bushs Wiederwahl und Krawall-Journalismus sieht sie gelassen hinweg, sodass sie ihm - dem "Meister der Prosa" zum Schluss attestieren kann, "vielleicht das erste richtig poetische Buch" geschrieben zu haben.