Peter Wapnewski

Mit dem anderen Auge

Erinnerungen 1922 - 1959
Cover: Mit dem anderen Auge
Berlin Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783827003805
Gebunden, 256 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

In seinen Büchern zur Dichtung des Mittelalters und zur neueren Kunst und Kultur hat Peter Wapnewski, der bekannte Mediävist und bedeutende Wagner-Kenner, es stets verstanden, Vergangenheit und Gegenwart ineinander zu spiegeln.
Geboren in der Weimarer Republik (1922 in Kiel) und aufgewachsen unterm Hakenkreuz, kommt Wapnewski 1942 als Panzerfahrer an die Ostfront, wo ihn ein Granattreffer das linke Auge kostet. Er erfährt die Schrecken des Bombenkrieges in Berlin, wird denunziert und vom Kriegsgericht angeklagt, kann schließlich sein germanistisches Studium beginnen, das ihn nach Berlin, Jena, Freiburg und zuletzt nach Hamburg führt. Dort erlebt er das Kriegsende, die Hungerwinter und den mühsamen Neuanfang einer Universität, die bald zum Ausgangspunkt seiner eigenen wissenschaftlichen Karriere wird.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.03.2007

Manfred Koch entdeckt in der zweibändigen Ausgabe der Lebenserinnerungen Peter Wapnewskis die nach und nach aussterbende Generation von Intellektuellen, für die das gesellige, kultivierte Gespräch zu den größten Genüssen des Erdenlebens zählt. Wohl deshalb findet der Rezensent besonders den sich den Jahren 1959 bis 2000 widmenden zweiten Band so anregend, in dem der emeritierte Germanist die Freunde und Bekannten Revue passieren lässt, mit denen er sich Zeit seines Lebens ausgetauscht hat. Nicht zuletzt durch die vielen kurzen Porträts seiner Zeitgenossen läsen sich die Memoiren wie eine "persönliche" Kulturgeschichte des Nachkriegsdeutschlands, so Koch angetan. Besonders eindringlich fand der Rezensent die Passagen, in denen Wapnewski die Studienbedingungen unmittelbar nach dem Krieg beschreibt, wo es weder Papier noch angemessene Kleidung für die Studenten gab.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.02.2007

Zwiespältig bei aller Affirmation lautet das Urteil des Rezensenten Hans-Jürgen Schings. Lebenserinnerungen eines rundum Zufriedenen scheinen nicht eben das zu sein, was man lesen möchte, und sei der Autor auch so sympathisch wie Peter Wapnewski. Beinahe unheimlich erscheint Schings die Höflichkeit des Autobiografen vergangenen Begegnungen und Ereignissen gegenüber. Ausgehungert durchsucht er den Text nach "kräftigen Seiten". Spuren des Zorns entdeckt er beim Thema Martin Heidegger und bei Wapnewskis "durch keine liberale Milde" gebremster Revision der Studentenrevolte. Immerhin. Doch zu selten für den Rezensenten, der sich fragt, ob hier nicht sogar die Regeln der Textsorte Autobiografie verletzt werden. Was, wenn der Autobiograf nichts von sich preisgeben mag und von seiner geschätzten Gelehrsamkeit, wenn der Leser auf Ellipsen stößt, wo er brennt vor Neugierde? Ein Seufzen des Rezensenten zwischen den Zeilen. Schings begnügt sich mit atmosphärischen Schilderungen des geselligen Heidelberger akademischen Alltags und trauert leise.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.10.2006

Auch der zweite Band der Lebenserinnerungen des "Grandseigneurs? der Germanistik enthalte kaum Auskünfte über den Privatmenschen Peter Wapnewski, konstatiert Rezensent Oliver Pfohlmann. Der Leser möge dies bedauern, aber der Autor habe ganz bewusst ein Zeitporträt aus seiner Sicht schreiben wollen. Und dies heiße in erster Linie, viele viele Porträts von Kollegen und Freunden wie Gershom Scholem, Fritz J. Raddatz oder "MRR?. Insbesondere auf die Zeit der frühen sechziger Jahre in Heidelberg, so der Rezensent, blicke Wapnewski wehmütig zurück. Es sei die Zeit der Ordinarien-Universität mit "Forscheroriginalen? gewesen, männlichen Geschlechts versteht sich. Die kurze Zeit an der Berliner FU zur Zeit der Studentenproteste stellten hingegen ein traumatisches Ereignis dar und Wapnewski sei gewissermaßen zurück nach Baden geflohen. Diese traditionsbewusste Haltung sei auch in der Sprache Wapnewskis enthalten, die ob ihre Reichtums beim Rezensenten auf Bewunderung trifft, aber manchmal auch als "manieristisch? empfunden wird. Ein wenig überflüssig findet der Rezensent auch einige Kapitel zu Gastprofessuren, Festveranstaltungen und anderen akademischen Betriebserlebnissen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.12.2005

Für Oliver Pfohlmann ist die Methode, die der Germanist Peter Wapnewski in seinen Lebenserinnerungen anwendet, nur bedingt tragfähig. Wapnewski will keinen "Ich-Gesang" anstimmen, sondern über seine "Zeitgenossenschaft" das 20. Jahrhundert beleuchten, teilt der Rezensent mit. Deshalb findet er die Schilderungen aus der Kindheit des Autors auch eher uninteressant, weil darin das "Gewöhnliche und Durchschnittliche" vorherrscht, wie er meint. Spannender sind für den Rezensenten die Erfahrungen Wapnewskis in den 30er Jahren, die vom "gleichgültigen Mittun", beispielsweise in der "Hitler-Jugend", geprägt sind und in denen der Autor ansonsten nach "Nischen" für eine eigene Lebensgestaltung sucht. Richtig "eindrucksvoll" aber fand Pfohlmann das Kapitel über die Anklage Wapnewskis wegen "Wehrkraftzersetzung", bei der er nur knapp seiner Hinrichtung entging, und seine Ausführungen über den Pianisten Karlrobert Kreiten, der wegen des gleichen Vergehens umgebracht wurde. Für die Nachkriegsjahre dagegen "überzeugt" ihn die Methode der vom Persönlichen möglichst absehenden Zeitgenossenschaft "zunehmend weniger". Über manches, wie die erste Ehe des Autors, hätte Pfohlmann gerne mehr gelesen, die Ausführungen zur Habilitation dagegen findet er eher "entbehrlich".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.09.2005

Fritz J. Raddatz singt hier eine wahrhafte Hymne auf den Literaturwissenschaftler Peter Wapnewski, der nun seine Lebenserinnerungen geschrieben hat. Der Rezensent preist den 83-jährigen Autor als "großen" Geisteswissenschaftler und als "Meister des Denkens" und er stellt mit Begeisterung fest, dass Wapnewski in seinem Buch keinen reinen "Ich-Gesang" anstimmt, sondern stattdessen einen "ferventen politischen Essay" vorgelegt hat. Neben durchaus "hübschen" und "pläsierlichen" Erinnerungen an Vorkriegszeit und bürgerliches Familienleben betrachte der Autor mit einem scharfem Auge die politische Entwicklung Deutschlands - das andere hat er im Krieg verloren. Und so sind die Memoiren auch ein "Exkurs über Ethos und Gesittung", meint Raddatz eingenommen. Besonders beeindruckt ihn, dass Wapnewski seine Beobachtungen ohne "erhobenen Zeigefinger" schildert und sich selbst keineswegs als heldenhafte Ausnahme zeichnet. Die Lebenserinnerungen weisen "scharfe Schnitte" auf und stellen so wie ein "Drehbuch" die Erlebnisse nebeneinander, den "gemütlichen Blockwart" neben die "Nazikrankenschwester", so Raddatz bewundernd. Die einzige Kritik des ansonsten völlig begeisterten Rezensenten gilt dem Verlag, dem er eine "lieblose Betreuung" der Memoiren und ein "unpflegliches Gebaren" gegenüber dem Autor vorwirft, nicht zuletzt, weil die Lebenserinnerung ohne Not in zwei nacheinander erscheinenden Einzelbänden veröffentlicht werden.