Jane Kramer

Der einsame Patriot

Die kurze Karriere eines amerikanischen Milizionärs
Cover: Der einsame Patriot
Edition Tiamat, Berlin 2003
ISBN 9783893200689
Gebunden, 287 Seiten, 14,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Ulrich Enderwitz. Das Psychogramm eines Milizionärs in Whatcom County, das ein neues Licht auf die amerikanischen Verhältnisse wirft. Jane Kramer porträtiert John Pitner, den Befehlshaber einer vormaligen Patriotischen Armee, die sich Washington State Miliz nannte. Im Jahr 1996 unternahm Kramer die erste von zahlreichen weiteren Reisen nach Whatcom County im Staat Washington, um sich mit Pitner und einigen Altgedienten von Alpha One, seiner "Führungstruppe", zu unterhalten. Durch den Mund dieser Männer, vor allem Pitners, erzählt Kramer die Geschichte einer Bewegung, die in den neunziger Jahren, kurz vor der Jahrtausendwende, in Amerika in Erscheinung trat und die sich in das neue Jahrhundert hinein erhalten hat - wobei die Ereignisse der letzten Jahre höchstens geeignet waren, sie in ihrer Entschlossenheit noch zu bestärken. Das eindrucksvolle Bild, das uns Kramer von Whatcom County liefert, dürfte charakteristisch für jede Menge anderer heutiger Gemeinwesen im Nordwesten der USA entlang der Pazifikküste sein - Gemeinwesen, die einem merkwürdigen Ensemble von Verschwörungstheoretikern, bewaffneten "Freunden der amerikanischen Verfassung", weißen Rassisten, sezessionistischen Regionalisten, "Freiheitlichen", christlichen Fanatikern und überhaupt jeder Art von Gruppen Zuflucht bieten, deren Lebenselixier ihre Unzufriedenheit ist.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.01.2004

Ein "fabelhaftes, zuweilen amüsantes Buch" über einen ultranationalistischen amerikanischen Patrioten hat Jane Kramer, Reporterin für den New Yorker, geschrieben, lobt Dorion Weickmann. Kramer lernte im Frühjahr 1996 in Whatcom County, im nordwestlichsten Zipfel der USA, den Milizionär John Pitner kennen, der wenige Monate später mit seinem Gefolge "ins Kittchen" wandern sollte. Kramer fand heraus, dass Pitner eine "verkrachte Existenz war", der aus der Armee flog, weil er gestohlen hatte, und danach nie wieder einen Job behielt. Während seine Frau für ihr Fertighaus arbeitete, saß Pitner faul herum, bis ihn der Showdown von Waco davon überzeugte, dass Amerika Juden und Verrätern ausgeliefert war. Er gründete zusammen mit Gleichgesinnten - darunter ein Vergewaltiger, ein notorischer Bankrotteur und eine Handvoll Waffennarren - die Washington State Miliz, das Geld für Waffen, dass seine Mitstreiter ihm anvertrauten, scheint er aber für sich ausgegeben zu haben. Das FBI ließ das Grüppchen schließlich auffliegen, berichtet unser Rezensent. "Der Feind lauert nicht nur in irakischen Feldlöchern", hat Weickmann gelernt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.12.2003

An dieser Reportage über die "bizarre" Geschichte des Gründers der Washington-State-Miliz, John Pitner, der 1996 wegen "Verschwörung zur Anfertigung von Zerstörungsapparaten zur kriegerischen Auseinandersetzung mit der amerikanischen Bundesregierung" vier Jahre im Gefängnis saß, hat Malte Oberschelp nur eines zu bemängeln und das gleicht eher einem Bedauern: Es ist zu früh geschrieben worden, befindet er, war doch das Manuskript schon abgeschlossen, als die Terrorakte auf das World Trade Center verübt wurden, denn gewissermaßen erzähle Jane Kramer "die Geschichte einer Al Qaida im eigenen Lande". Denn Pitner stellt keinesfalls einen Einzelfall dar, versichert der Rezensent, doch gehörte seine Miliz zu den "absonderlichsten", und er selbst sei langsam aber sicher zu einer "Mischung aus Paranoiker, Prediger und Terrorist mutiert". Die eigentlichen Impulse für Pitners Handeln hat die Autorin aus den zahlreichen Unterredungen nicht heraushören können, wie sie laut Oberschelp selbst eingesteht. Doch zumindest liefere sie Hinweise. Herausgekommen ist eine entschieden "skurrile" Reportage, so Malte Oberschelp, die einem Roman T.C. Boyles gleiche und ebenso "sarkastisch" sei, wie ein Song Randy Newmans.