Sebastian Voigt

Der jüdische Mai '68

Pierre Goldman, Daniel Cohn-Bendit und André Glucksmann im Nachkriegsfrankreich
Cover: Der jüdische Mai '68
Vandenhoeck und Ruprecht Verlag, Göttingen 2015
ISBN 9783525370360
Gebunden, 383 Seiten, 69,99 EUR

Klappentext

Drei jüdische Aktivisten spielten im Umfeld des Pariser Mai eine wichtige Rolle: Daniel Cohn-Bendit, der als Person das Ereignis symbolisiert, Pierre Goldman, der bis zu seiner Ermordung im Jahr 1979 die Ikone der radikalen Linken war, und André Glucksmann, vormals der maoistischen Strömung zugeneigt, der Mitte der 1970er Jahre die antitotalitäre Denkrichtung der »Neuen Philosophen« mitbegründete. Sebastian Voigt zeichnet die Lebenswege dieser drei Protagonisten der radikalen Linken im Nachkriegsfrankreich nach und rückt ihre politischen Biografien in einen gedächtnisgeschichtlichen Zusammenhang. Hierzu öffnet er den Blick zurück auf die Elterngeneration und nimmt deren in der Zwischenkriegszeit liegende Erfahrungsgeschichte in den Fokus. Eine solche Rückschau in die Vorgeschichte führt von Frankreich aus in die Lebenswelten der als Immigranten und Flüchtlinge aus Deutschland, Polen und dem Habsburgerreich kommenden Juden. Kommunismus, Zionismus und antifaschistisches Engagement der Elterngeneration bilden dabei ebenso wie der bewaffnete Widerstand gegen die deutsche Besatzung die gedächtnispolitische Folie, vor der die Ereignisse des Mai '68 in neuem Licht erscheinen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.07.2015

Atemlos hat Claus Leggewie die Lebenswegen dieser drei französischen Revolutionäre verfolgt, die der Historiker Sebastian Voigt in seiner Kollektivbiografie geradezu vorbildlich miteinander verwebe. Hier sieht Leggewie ganz im Sinne von Voigts Mentor Dan Diner die "Gleichzeitigkeit der Ungleichzeitigkeit" ins Werk gesetzt. Dass sich gerade bei den Söhnen jüdischer Familien so viel Wille zur Revolte Bahn brach, erklärt Leggewie mit der nur halbherzigen Judenemanzipation in Frankreich, den Erfahrungen von Vichy und dem Parteikommunismus. Diese Momente bestimmten die Biografien von André Glucksmann, Daniel Cohn-Bendit und Pierre Goldman nicht im gleichen, aber ähnlichen Maße. Froh ist der Rezensent auch, Glucksmanns Antitotalitarismus als Fortsetzung linker Politik dargestellt zu sehen.
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