Ulrich Grober

Die Entdeckung der Nachhaltigkeit

Kulturgeschichte eines Begriffs
Cover: Die Entdeckung der Nachhaltigkeit
Antje Kunstmann Verlag, München 2010
ISBN 9783888976483
Gebunden, 198 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Nachhaltig ist heutzutage alles, von der Diät bis zum Ausbau der Kapitalkraft. Nachhaltigkeit ist aber unser ursprünglichstes Weltkulturerbe, ein Begriff, der tief in unserer Kultur verwurzelt ist und den es vor seinem inflationären Gebrauch zu retten gilt. Das von Joachim Heinrich Campe 1807 herausgegebene Wörterbuch der deutschen Sprache definiert das Wort "Nachhalt" als das, "woran man sich hält, wenn alles andere nicht mehr hält". An was kann man sich halten, was bedeutet Nachhaltigkeit? In diesem anschaulich erzählten Buch wird der Begriff "Nachhaltigkeit" neu vermessen. Vor fast 250 Jahren avancierte er zum Leitbegriff des deutschen Forstwesens und bezeichnet seitdem die Verpflichtung, Reserven für künftige Generationen nachzuhalten. Das von Hans Carl von Carlowitz 1713 erstmals beschriebene Dreieck der Nachhaltigkeit ökologisches Gleichgewicht, ökonomische Sicherheit und soziale Gerechtigkeit ist heute als "sustainable development" in aller Munde. Die Idee dieses Begriffs aber reicht noch weiter zurück. Sie findet sich im "Sonnengesang" des Franziskus von Assisi genauso wie bei den griechischen Philosophen und den Philosophen der Aufklärung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.08.2010

Ein bisschen großspurig vielleicht, dieser Versuch einer Neubewertung des Nachhaltigkeitsbegriffs durch den Journalisten Ulrich Grober, findet David Oels. Lieber wäre ihm gewesen, der Autor hätte, anstatt um die weite Welt zu reisen, um mit Förstern und Aktivisten, Haiku-Dichtern und John Lennon seine Kulturgeschichte zu füllen, von der heimischen Streuobstweise erzählt. Die religiösen Implikationen der Nachhaltigkeit, das Zerbrechen der Einheit von Mensch, Gott und Natur im fossilen Zeitalter, schließlich wieder das Umdenken, denkt sich Oels, hätte Grober doch vielleicht auch anders illustrieren können als assoziativ-autobiografisch, mittels Reportagen, Anekdoten, Märchen und Mythen. Obwohl: Interessant und unterhaltsam liest sich das für Oels schon.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 18.03.2010

Die Rezension Joachim Radkaus, der ein Geschichtsprofessor in Bielefeld ist, liest sich ein bisschen wie ein Gutachten über eine akademische Arbeit - und ein "Summa cum laude" bekommt das vorliegende Buch leider nicht. Dankbar ist Radkau durchaus, dass ein Autor die Geschichte des Begriffs erzählt, der laut Radkau als Übersetzung des amerikanischen Begriffs "Sustainability" modisch wurde, aber zuvor schon in der Forstwirtschaft von Belang war. Radkau stört schon, dass Grober die "Nachhaltigkeit" eher als einen moralisch-ökologischen Begriff zu betrachten scheint, während er laut Radkau in erster Linie ökonomisch zu verstehen sei. Als solcher ist er laut Radkau zwar essenziell,  aber auch problematisch, weil eine von oben verordnete Nachhaltigkeit auch nachhaltig schaden kann. All das hat Grober, der die Nachhaltigkeit als Ziel der Geschichte sehe und feiere, laut Radkau nicht erkannt. Er ergehe sich statt dessen in dekorativen Anekdoten, die nichts zur Sache tun. Die Assistentenstelle bei Radkau kann er sich jedenfalls schon mal aus dem Kopf schlagen!