Dirk Oschmann

Der Osten: eine westdeutsche Erfindung

Wie die Konstruktion des Ostens unsere Gesellschaft spaltet 
Cover: Der Osten: eine westdeutsche Erfindung
Ullstein Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783550202346
Gebunden, 224 Seiten, 19,99 EUR

Klappentext

"Der Osten hat keine Zukunft, solange er nur als Herkunft begriffen wird." Was bedeutet es, eine Ost-Identität auferlegt zu bekommen? Eine Identität, die für die wachsende gesellschaftliche Spaltung verantwortlich gemacht wird? Der Attribute wie Populismus, mangelndes Demokratieverständnis, Rassismus, Verschwörungsmythen und Armut zugeschrieben werden? Dirk Oschmann zeigt in seinem Buch, dass der Westen sich über dreißig Jahre nach dem Mauerfall noch immer als Norm definiert und den Osten als Abweichung. Unsere Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft werden von westdeutschen Perspektiven dominiert.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.06.2023

Ja, Dirk Oschmann schießt übers Ziel hinaus, das gibt Rezensentin Claudia Schwartz gern zu. Er wird unsachlich und verharmlost die AfD ebenso wie die Putin-Anhängerschaft im Osten. Dennoch hat sein Buch in ihren Augen Gewicht, denn es sei einfach nicht von der Hand zu weisen, mit welcher Abschätzigkeit und Ignoranz der Westen dem Osten begegne. Das hat für Schwartz schon nach der Wende begonnen, als etwa Intellektuelle wie Arnulf Baring und Wolf Jobst Siedler von einem "verzwergten Menschenschlag" und der "Kolonisierungsaufgabe" sprachen, und es setzt sich bis heute fort, wenn etwa Armin Laschet erklärt, die DDR habe die Köpfe der Menschen zerstört, oder wenn sich taz und Spiegel über die mosernden Ossis in ihren Kleingärten und Kantinen mokieren, so die Rezensentin. Die Überheblichkeit, mit der das Buch ihrer Ansicht nach im Westen behandelt wird, spricht für Schwartz ebenfalls Bände.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.03.2023

Rezensentin Anne Hähnig erkennt in Dirk Oschmans Sachbuch "Der Osten: eine westdeutsche Erfindung" dann doch ein gutes Maß an Übertreibung. Das kann man je nach Geschmack gut oder schlecht finden, meint die Rezensentin, über den grundsätzlichen Denkfehler, der dem Autor unterläuft, kann sie allerdings nicht hinwegsehen. Oschman führt nämlich alle aktuellen Probleme der ostdeutschen Politik und Wirtschaft auf einen falschen Umgang des Westens mit denselben zurück. Ein gedanklicher Kurzschluss, meint Hähnig, weil völlig außer Acht gelassen wird, dass das wirtschaftliche Hinterherhinken des Ostens in nicht geringem Maße den 40 Jahren Sozialismus zu verdanken ist, den einige "Größenwahnsinnige" dort ausprobieren wollten, so die Rezensentin. Man könnte dieser "Wutschrift" anrechnen, dass sie eine erlahmende Debatte befeuert, allerdings kippt das Ganze doch zu oft ins Zynische, findet Hähnig.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.03.2023

Kritiker Stefan Locke, selbst im Osten aufgewachsen, kann die Wut Oschmanns gut verstehen, aus der heraus er sich zum Themenkomplex Ostdeutschland zu Wort meldet. Trotz teils polemischer Herangehensweise hat das Buch für ihn etwas Erfrischendes, da ein Ostdeutscher selbst darüber schreibt, dass der Osten immer nur als das negativ Andere von Westdeutschland von oben herab behandelt wird. Anhand instruktiver Beispiele von hochnäsigen Journalisten oder Stasi-Pauschalisierungen erklärt Oschmann, warum viele Ostdeutsche Staat und Medien gegenüber misstrauisch sind, berichtet Locke. Im Gegensatz zu dem Leipziger Professor bemerkt der Rezensent aber, dass sich Klischees und Vorurteile ihnen gegenüber verringert haben und hat Hoffnung, dass die Unterteilung in Ost und West weiter zurückgeht. Nur ein bisschen mehr Witz hätte er sich gewünscht.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.03.2023

Rezensent Cornelius Pollmer nimmt Dirk Oschmanns Buch nicht ernst, wie er vom ersten Satz seiner Besprechung an deutlich macht. Wenn der in Leipzig lehrende Literaturwissenschaftler die Benachteiligung von Ostdeutschen anprangert, erscheint das dem Rezensenten wie aufgeschäumter, aber eiskalter Kaffee: "Los Wochos in Lostdeutschland", spottet er, mokiert sich wortgewaltig über die Unterkomplexität von Oschmanns Thesen und sieht im Autor selbst nur einen müden "Diskursritter" auf dem Medienkarussell. Dass Oschmann allerdings Recht hat mit seinem Befund, dass Ostdeutsche schlechter bezahlt und in Führungspositionen nicht ihrem Bevölkerungsanteil entsprechend vertreten sind, findet Pollmer am Ende "irgendwie verquer" und wünschte sich ein bisschen mehr "Critical Westdeutschness".
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 28.02.2023

Die ständige Be- und Entwertung Ostdeutschlands und seiner Geschichte bemängelt Dirk Oschmann völlig zurecht, findet Kritiker Matthias Bertsch, aber die Art und Weise, wie der Literaturprofessor Oschmann seine Bedenken artikuliert, ist ihm etwas zu polemisch. Wenn der Autor davon spricht, der Osten sei "von und in der Demokratie" entmündigt worden, kann der Rezensent dem nicht zustimmen, auch wenn ihm die emotionale Wirkung des Themas bewusst ist, die zu solchen Formulierungen führt. Zu einer eindeutigen Empfehlung kann Bertsch sich nicht durchringen.