Lisa Krusche

Unsere anarchistischen Herzen

Roman
Cover: Unsere anarchistischen Herzen
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2021
ISBN 9783103970517
Gebunden, 448 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Zwei junge Frauen: Charles und Gwen. Charles muss mit ihren Post-Hippie-Eltern aufs Land ziehen und will da unter keinen Umständen hin. Auf einen Kiosk, eine Palme und das Internet ist zum Glück noch Verlass. Und Gwen? Sie wohnt ganz in der Nähe und führt dort unbemerkt ein wildes, schmutziges Leben, um dem Wohlstand ihrer Eltern zu entkommen. Das Geld, das sie den Jungs aus der Tasche zieht, während sie mit ihnen schläft, spendet sie. Dass die beiden sich kennenlernen, ist definitiv überfällig. Lisa Krusche erzählt in ihrem Debütroman "Unsere anarchistischen Herzen" von den Zumutungen des gegenwärtigen Lebens. Wie soll man eigentlich rebellieren, wenn sich alles schon verloren anfühlt? Was einem bleibt, ist die Freundschaft. Und die entwickelt eine explosive Kraft.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.08.2021

Rezensentin Elena Witzeck taucht ein in die Welt zweier verzweifelter Teenagerinnen mit dem Buch von Lisa Krusche. Echt scheint ihr die Sprache der Mädchen zwischen Insta und Poesie, auch wenn es manchmal wie Kunstsprache klingt. Die "Unverbundenheit" der Jugend mit der Welt, das existenzielle Chaos und die Hoffnung auf eine Wende transportiert der Text für Witzeck jedenfalls glaubhaft. Dies möglicherweise, gerade weil die Autorin nicht mehr Teil der dargestellten Generation ist, sondern die Dialoge im Text bis zur Kenntlichkeit ästhetisiert und ironisiert, vermutet die Rezensentin.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.06.2021

Rezensentin Hanna Engelmeier freut sich, dass in Lisa Krusches Roman endlich wieder einmal zwei weibliche Hauptfiguren auftauchen, die auch mal "aufs Maul" geben: Die Teenager Charles und Gwen, beide aus auf je eigene Weise verwahrlosten Elternhäusern stammend, erleben in ihrer "Freundschaft" die erste große Liebe und prügeln sich mit Jungs. Dabei fängt die Autorin gelungen die Jugendsprache der sozialen Medien ein, so Engelmeier, indem sie diese eben nicht einfach nur möglichst genau kopiert, sondern leicht verfremdet - hingetupfter "WhatsApp-Impressionismus", staunt die Rezensentin. Noch mehr als WhatsApp empfiehlt sie als Bezugspunkt für solche Gegenwartsliteratur aber einen Blick in die Plattform Instagram, deren Fokussierung aufs Visuelle sich im Verhalten von Chares und Gwen wiederfinde. Dass die Übernahme der Instagram-Welt in die Literatur sinnig sein kann - sei es um der Kunst willen oder weil Text anders als ein Bild Leerstellen liefern kann, die der Leser füllen könne - betont die Rezensentin abschließend.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.05.2021

Rezensent Stefan Michalzik erzählt gut gelaunt den Inhalt von Lisa Krusches Debütroman "Unsere anarchistischen Herzen" nach. Krusches Debüt erzählt Michalzik zufolge perspektivisch-wechselnd von den Protagonistinnen Charles und Gwen, die beide aus den unterschiedlichsten Gründen unter ihren Eltern leiden. Trotz vieler Klischees, darunter auch ein paar platten, gelingt es Krusche Michalzik zufolge ziemlich gut, den heutigen Zeitgeist einzufangen. Besonders mit der akkurat dargestellten Sprache der verschiedenen Milieus und dem Einsatz von Jugendsprache kann ihn die Autorin überzeugen. Auch wegen der dadurch entstehenden satirischen Elemente findet Michalzik den Roman kurzweilig und humorvoll. Und obwohl das Ende "arg glücklich" ist, hat er im Großen und Ganzen nichts gegen den "bemerkenswerten" Debütroman einzuwenden.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.05.2021

Rezensentin Julia Lorenz ist von Lisa Krusches Debütroman "Unsere anarchistischen Herzen" durchaus bewegt. Die in Braunschweig lebende Autorin hat Lorenz zufolge eine klassische Coming-of-Age-Geschichte aus der Perspektive zweier heranwachsender Frauen im ländlichen Niedersachsen geschrieben, "jede eine Epiphanie für das Gegenüber". Während die eine mit ihrer Hippie-Familie aus der Großstadt in eine ländliche Kommune zieht, leidet die andere unter der Kälte und dem Wegschauen ihrer Eltern, beschreibt die Rezensentin. Die Darstellung der Protagonistinnen und ihrer Familiengeschichten wirkt auf Lorenz zwar durchaus etwas klischeebehaftet, aber den "magischen Realismus" im heutigen Niedersachsen findet sie berückend. Und auch Krusches Sprache, die oft bruchstückhaft bleibt, findet die Rezensentin stark, mit all ihren Anglizismen, den Emojis und der "überlebensgroßen teenage-ängstlichen Poesie".

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 22.05.2021

Rezensent Christoph Schröder ist enttäuscht von Lisa Krusches (Jugend-)Roman, der von der Freundschaft zweier privilegierter und unglücklicher Mädchen erzählt. Zwar gelingen der Autorin vor allem in der zweiten Hälfte des "viel zu langen" Romans einige zarte Passagen und kulturelle Referenzen, erkennt Schröder an - jedoch führen letztere nirgendwohin, bleiben "aparte Effekte", wie er bedauert. Auch Krusches Versuch, den konventionell aufgebauten Roman mit Jugendsprache aufzupeppen, hilft nicht - erstaunlich, wie wenig Unterschied im "Peinlichkeitsgrad" es scheinbar mache, ob das eine 60-jährige oder wie mit Krusche eine 30-jährige tue, so Schröder. Letztlich keine kritische Reflexion der Gegenwart wie etwa bei Leif Randt, sondern nur ihre Reproduktion, urteilt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.05.2021

Ein wenig auf Armeslänge bespricht Rezensentin Anna-Lisa Dieter diese Geschichte, die eine Feier der radikalen Sanftheit zu sein scheint. Die eher kühle Kritikerin zählt diesen Roman zu jener Bewegung, die mit dem ungehemmten Ausdruck zärtlicher Gefühle eine Art Widerstand aufbauen will gegen die Disziplinierung durch den kapitalistischen Wettbewerb. Tatsächlich findet sie, dass mit "Rührseligkeit" in dieser Geschichte zweier Teenies, die an ihren Eltern leiden, nicht gespart wird. Ob ihr das intensive Spiel der Autorin mit starken Farben und dem vielen "Glitzern, Glänzen, Funkeln, Schimmern, Blinken und Flirren" wie es die sozialen Medien und ihre Apps bereit halten, auch ein bisschen gefallen hat, verrät sie uns nicht. Allerdings scheint sie sich ziemlich sicher, dass von dieser Ästhetik und Denkungsart wohl eher "keine Revolution zu erwarten" ist.