Ava Farmehri

Im düstern Wald werden unsre Leiber hängen

Roman
Cover: Im düstern Wald werden unsre Leiber hängen
Edition Nautilus, Hamburg 2020
ISBN 9783960542346
Gebunden, 288 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen übersetzt von Sonja Finck. Sheyda Porroyas Tage sind gezählt. Sie sitzt im Todestrakt eines iranischen Gefängnisses - es ist das Jahr 1999, sie ist zwanzig Jahre jung. Ihre Erzählung, die zwischen Rückblicken auf ihre Kindheit und Jugend und dem barbarischen Alltag im Gefängnis hin- und herwechselt, ist voller Phantasie: Wachsen ihr wirklich Engelsflügel aus den Schulterblättern? Hat sie wirklich ihre Mutter getötet? Oder ist sie vielleicht wahnsinnig? Schon als Kind flüchtet sich Sheyda in eine Traum- und Wahnwelt und gewinnt in der repressiven Umgebung, in der sie aufwächst, immerhin eine Art Narrenfreiheit. Ungeliebte Tochter unglücklicher Eltern, Sonderling ohne Freunde und einzig zu grenzenloser Liebe begabt, schafft sie sich ein Alter Ego ausgerechnet in Gestalt von Dantes betörender Beatrice. Kraftvoll entfaltet Ava Farmehri eine Geschichte von Realitätsflucht, Unterdrückung und Isolation - makaber und magisch zugleich.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 07.12.2020

Eine "iranische poétesse maudite", nennt Rezensent Carsten Hueck Ava Farmehris außergewöhnliche Protagonistin Sheyda, und er ist spürbar fasziniert von dieser jungen Poetin, die gerade soweit abseits ihrer Gesellschaft lebt und liebt, dass ihrem klaren Blick wenig entgeht und dass sie dieser Gesellschaft mit all ihrem Zorn und all ihrer Verletztheit literarisch "ins Gesicht spucken" kann. Dabei tritt sie weder als Opfer noch als Dissidentin auf. Farmehri lässt ihre Figur aus dem Gefängnis erzählen, wo sie, für den Mord an ihrer Mutter zum Tode verurteilt, auf ihre Hinrichtung wartet, erklärt Hueck. Hier beginnt sie zu erzählen - von den Frauen im Gefängnis, aber auch von ihrer Kindheit. Durch diese Erzählungen ermöglicht die Autorin ihren Leser*innen Einblicke in eine Gesellschaft, die Frauen wie Sheyda systematisch unterdrückt, lesen wir. So wird schnell deutlich, dass Sheyda trotz ihrer Schuld eine ganze Generation junger Frauen vertritt, die sich nach Selbstbestimmtheit und Liebe sehnen. Besonders eindrucksvoll findet der Rezensent den besonderen Ton, mit dem Farmehris Erzählerin ihre Wut und ihre Sehnsucht äußert - eine einmalige Mischung aus Anschuldigungen, Derbheit, Lyrik und Sinnlichkeit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.11.2020

Rezensentin Verena Lueken ist ganz hingerissen vom sprachlichen Talent und dem Mut, der in Ava Farmehris (ein Pseudonym) Romandebüt stecke. Die im Nahen Osten aufgewachsene, mittlerweile in Kanada lebende Autorin erzählt hier von einer jungen, zu Tode verurteilten Frau in Teheran 1999. Dabei sei die Erzählstruktur mit einer Rahmenhandlung und vielen Rückblicken zwar konventionell, so Lueken, Farmehris Protagonistin und Sprache dafür aber umso "sensationeller": Wie Sheyda lügt, begehrt, sich lebhaft an Gerüche erinnert und auch körperlich querstellt - darum gehe es letztlich, meint Lueken, um Frauenkörper in einem unterdrückenden Land -, und wie die Autorin das alles in eine sehr sinnliche, keinesfalls zimperliche, stilistisch spektakuläre Sprache verpacke, hinterlässt großen Eindruck bei der Rezensentin; ein paar Ausrutscher in den Kitsch verzeiht sie da gerne. Ein schriftstellerisches Ausnahmetalent und ein "großartiges" Buch, schließt Lueken.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.10.2020

Rezensent Burkhard Müller hielt diesen Roman über eine junge Iranerin, die in den 80ern im restriktiven Teheran um jeden Preis ihre sinnlosen Lügen verteidigt, reiche Männer verführt und damit ihr Leben riskiert, zunächst für einen Lobgesang auf den Eigensinn. Am Ende aber begriff er, dass das Buch von der Freiheit handelt, die es auch in noch so einengenden Regimes gibt: nämlich genau dann, wenn man keine Angst vor dem Tod hat. "Das ist herrlich und grauenhaft", schließt er.
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