Blaise Cendrars

Moravagine

Monsterroman
Cover: Moravagine
Die Andere Bibliothek, Berlin 2014
ISBN 9783847703525
Gebunden, 340 Seiten, 38,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von L. Rademacher. Mit einem Nachwort von Stefan Zweifel. Limitierte Ausgabe. Dieser Krieg ist noch nicht vorbei, als 1917 Cendrars in einem Brief an Jean Cocteau seinen Plan annonciert: "Ich sage Dir, ein Monster..." Und was zeitgemäß "Das Ende der Welt" heißen sollte, erscheint endlich 1926 als Moravagine: Es ist der Name eines Amokläufers, eines Triebwesens, in dessen Name sich der Tod (la mort) und das Gebärende (le vagin) zwittrig vereinen. Moravagine, mehr Phänomen denn Person, ist ein Nomade seiner Wunschtriebe, eine Figur des Bösen, die die Ausschweifungen des Wahnsinns lebt, ein an der Sinnlosigkeit Verzweifelnder. Moravagine, so heißt der ungarische Adlige, der mit Unterstützung eines Arztes, des Erzählers Raymond, das Sanatorium Waldensee verlässt und mit ihm auf eine zehnjährige Reise geht: über Berlin in den russischen Revolutionsterrorismus, mit dem Schiff nach New York und weiter auf Goldsuche bis zu den Indianern , eine Flucht zum südamerikanischen Orinoko und zurück nach Paris, zu einem Flug um die Welt und in den Morphinismus.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 01.11.2014

Für Rezensentin Claudia Mäder ist Blaise Cendrars stets beides: Mann und Frau, Tod und Leben und vor allem: Faszination und Schrecken. So auch in diesem Roman von 1926, neu überarbeitet und kommentiert von Stefan Zweifel und für Mäder ein Text, der den Krieg nicht nur thematisiert, sondern dessen Ambivalenz in sich aufnimmt, wie sie erläutert. Dankbar für die von Zweifel hergestellten Bezüge zu anderen lustgetriebenen Gewaltexzessen in der Literatur, folgt Mäder wie hypnotisiert der Entfesselung der Triebe im und am Rand des großen Krieges, stellt aber fest, dass der Text neben solchen "Abenteuern" auch Reflexion und Beobachtung bietet, zur Ingenieurskunst etwa oder zur maschinellen Rhythmik der Sprache. Unhaltbar scheint ihr der Roman in seinen misogynischen und antisemitischen Passagen, die diese Neuausgabe erst sichtbar macht, wie Mäder schreibt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.08.2014

Als literarisches Meisterwerk geht dieser Roman von Blaise Cendrars laut Oleg Jurjew nicht durch. Als Spiegel, der europäischen Lesern die Vereinigung des "neuen Europas" mit dem alten, cäsarischen im Krieg zeigt, überzeugt der Text den Rezensenten allerdings schon. So hölzern schlapp im Bau und sprachlich matt Jurjew den Roman findet, so unwahrscheinlich unmoralisch und durchaus anziehend kommen ihm die Abenteuer vor, die der Held Moravagine auf seiner Tour durch Russland und die USA durchlebt. Die von Cendrars verwendeten Mittel des Abenteuer- und Schauerromans stehen laut Jurjew aber vor allem im Dienst eines aufschlussreichen Menschheitsbildes in der ausgehenden Moderne Ende des 19. Jahrhunderts, als Europa sich in einen Psychopathen verwandelte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.07.2014

Ina Hartwig ist zwar nicht eben überzeugt, dass dieser erstmals 1926 erschienene Roman von Blaise Cendrars, hier in einer Neuausgabe der "Anderen Bibliothek" ein Klassiker des 20. Jahrhunderts ist, wie es der Herausgeber Stefan Zweifel behauptet, höchst interessant erscheint ihr das Buch aber dennoch. Und zwar als "Museumsausstellung", in der sich überholte Absolutheitsfantasien besichtigen lassen, Revolutionen, Drogen, Futursimus, Mordlust, Anarchie, Terror. So wütend und böse Cendrars "Monsterroman" über einen frauenschlitzenden Misogynen Hartwig auch erscheint, so gut vernimmt sie das Ächzen der Literatur unter so viel Furor. Doch allein schon die Texterläuterungen im Anhang, schiebt sie gleich hinterher, lohnten die Lektüre.
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