Günter Brakelmann

Helmuth James von Moltke

1907-1945. Eine Biografie
Cover: Helmuth James von Moltke
C.H. Beck Verlag, München 2007
ISBN 9783406554957
Gebunden, 432 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Geboren und aufgewachsen auf dem schlesischen Gut Kreisau, genoss Helmuth James von Moltke durch seine Mutter eine vorwiegend britische, liberale Erziehung. Schon früh engagierte sich der angehende Jurist sozial, knüpfte selbstbewusst Kontakte zu Politikern und Intellektuellen, übte offen Kritik an Hitlers Aufstieg und verzichtete schließlich auf die Richterlaufbahn, um nicht der NSDAP beitreten zu müssen. Als glänzender Anwalt in Berlin und London war er ebenso erfolgreich wie als Gutsherr von Kreisau, der den verschuldeten Besitz rettete. Das von der Aura des preußischen Generalfeldmarschalls von Moltke gleichsam beschirmte Gut wurde nach Kriegsbeginn Treffpunkt einer Gruppe von Gegnern des Nationalsozialismus. Gleichzeitig nutzte Moltke seinen Einsatz als Völkerrechtler im Oberkommando der Wehrmacht zu subversiven Tätigkeiten. Diese führten Anfang 1944 zu seiner Verhaftung. Am 23. Januar 1945 wurde Helmuth James von Moltke in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Günter Brakelmann beschreibt eindringlich das Leben des ebenso nachdenklichen wie mutig entschlossenen Widerständlers. Dabei gelingt es ihm meisterhaft, die - zunehmend religiösen - Motive von Moltkes Denken und Handeln verständlich zu machen. Seine Biographie ist darüber hinaus ein Porträt des Kreisauer Kreises.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.01.2008

Weitgehend hervorragend findet Rezensentin Susanne von Schenck diese "gründlich recherchierte" Biografie. Besonders der erste Teil hinterlässt mit seinen zahlreichen Fotos und Briefen einen nachhaltigen Eindruck bei der Rezensentin, die sich hier sehr eindringlich an Kindheit und Jugend Helmuth Graf von Moltkes herangeführt sieht. Packend findet sie außerdem im dritten Teil des Buches dessen Hinwendung zum Christentum und Ausdeutung des Nationalismus als Versuch der Zerschlagung des christlichen Abendlandes geschildert. Ein bisschen unzufrieden lässt sie allerdings der Mittelteil der insgesamt aus ihrer Sicht "mit Fleiß und Sachkenntnis" verfassten Biografie zurück, wo sie bemängelt, dass es hier trotz vieler interessanter Fakten zum politischen Werdegang und Wirken Moltkes nicht wirklich gelinge, dem Leser diese "Lichtgestalt" nahe zu bringen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.08.2007

Mit seiner pünktlich zum hundertsten Geburtstag Helmuth James Moltkes erscheinenden Biografie legt Günter Brakelmann ein gut zu lesendes und rundum "überzeugendes" Porträt eines der Protagonisten der Widerstandsgruppe "Kreisauer Kreis" vor, preist Rezensent Joachim Scholtyseck. Er hebt besonders hervor, dass Brakelmann für seine Biografie viele bislang unveröffentlichte Quellen erschlossen und in seine Lebensdarstellung eingearbeitet hat und ihm imponiert, dass der Autor trotz des Charismas und Muts, die er Moltke zuspricht, nicht in hagiografische Schwärmerei verfällt. Ein gelungenes Porträt des Widerstandskämpfers und des "Kreisauer Kreises", findet Scholtyseck.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.04.2007

Ulrich Teuschs Urteil über die Biografie des deutschen Widerstandskämpfers Helmuth James Moltke, der 1945 von den Nazis hingerichtet wurde, ist zwiegespalten. Während er die erste Hälfte des Buches, in der Günter Brakelmann die Kindheit und Jugend von Moltke schildert und die Entwicklung einer demokratisch orientierten, europäischen Persönlichkeit beschreibt, sehr einfühlsam und pointiert beschrieben findet, kann ihn der zweite Teil, in dem der Widerstand gegen das Naziregime geschildert wird, nicht überzeugen. Hier hätte sich Teusch mehr kritische Distanz gewünscht und er findet, dass es dem Autor nicht mehr gelingt, auch die Widersprüche in der Haltung seines Protagonisten herauszuarbeiten. Die Darstellung fächere sich hier in allzu viele Details auf und biete streckenweise kaum mehr als eine chronologische Abfolge, mäkelt der Rezensent, der dafür wiederum die sich in Moltkes letzter Lebensphase intensivierende Religiosität überzeugend dargestellt sieht.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.03.2007

Zwiespältig bewertet Rezensent Volker Ullrich diese erste große Biografie des berühmten Hitler-Gegners. Zwar ist sie aus seiner Sicht solide gearbeitet und schöpft auch "fleißig" aus den Quellen. Trotzdem ist sie nicht die Darstellung, die diese "Lichtgestalt" Moltke aus Sicht des Rezensenten verdient hätte. Ein Grundproblem ist, dass dem Eindruck des Rezensenten zufolge Günter Brakelmann jeder schriftstellerische Ehrgeiz abgeht. Dass er sein Material kompiliert, statt es zu analysieren, weshalb er wesentliche Fragen dann auch gar nicht berühren würde. Auch gehören gerade die Teile des Buchs über den Widerstand zu seinen schwächsten. Sträflich vernachlässigt fand er auch die Rolle der Frauen darin. Am besten gelungen ist aus Ullrichs Sicht der Teil über Kindheit und Jugend. Glanz gewinnt das Buch für ihn nur in Momenten, wo Helmuth James von Moltke in Selbstzeugnissen zu Wort kommt - zum Teil in bisher unveröffentlichtem Material, wie den Briefen aus der KZ-Haft in Ravensbrück an seine Frau Freya.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.03.2007

Günter Brakelmann gebe mit dieser "bewegenden" Biografie zugleich ein Beispiel für eine "gelungene" Erinnerung an jene Leute, die Widerstand unter den Nationalsozialisten geleistet haben. Rezensentin Renate Wiggershaus empfiehlt das Buch nicht nur wegen der fundierten Quellenforschung des Autors, auch die Ausstattung sei mit Fotos, Zeittafel und Register vorbildhaft und für ein breites Publikum geeignet. Über den Kreisauer Kreis, die Treffen von Oppositionellen auf dem ostpreußischen Landgut der Moltkes, habe der Autor schon früher gearbeitet. In der Biografie dokumentiere er nun das Gedankengut des Kreises anhand "gut ausgewählter" Zitate aus Briefen und Schriften. Helmuth James von Moltke werde als ein Mann dargestellt, der für ein liberales Europa eingetreten sei und der als Kriegsverwaltungsrat auch mal Generälen die Leviten gelesen habe, wenn es um die "feige" Befolgung von Hitler-Befehlen gegangen sei. Als Rechtsanwalt habe er vielen Juden bei der Auswanderung geholfen. Bevor Moltke 1944 als Widerständler hingerichtet wurde, referiert der Rezensent, habe er zu tiefer Gläubigkeit gefunden. Der Autor zitiere nicht allein aus den letzten Briefen an die Frau, er habe mit der heute über 90-jährigen Freya von Moltke auch noch Gespräche führen können.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.01.2007

Viel Zeit nimmt sich der Historiker Hans Mommsen für seine Besprechung von Günter Brakelmanns Moltke-Biografie. Das Buch hat er zweifellos mit Lust und Gewinn gelesen. Indem er wichtige Stationen von Moltkes Lebensweg erwähnt, gibt Mommsen Hinweise auf die "chronistische" Vorgehensweise des Biografen. Ausdrücklich lobt Mommsen die auf gründlicher Forschung basierende erschöpfende Quellenarbeit des Historikers Brakelmann und seine "einfühlsame" Ausdeutung hin zu einem "gültigen" Lebensbild des Widerstandskämpfers. Kleinere Mängel, so eine ungenügende Herausarbeitung der "utopischen Züge" der Vorstellungen des von Moltke geführten Kreisauer Kreises, fallen in Mommsens Kritik kaum ins Gewicht. Wichtiger erscheint ihm die Lebensnähe dieser Biografie, in der auch die "Brüche der deutschen Geschichte" sichtbar werden, sowie ihre "glänzende Aufmachung". Für Mommsen Voraussetzungen für die publikumswirksame Erschließung eines weniger bekannten Aspekts des deutschen Widerstands.
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