Gusel Jachina

Wolgakinder

Roman
Cover: Wolgakinder
Aufbau Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783351037598
Gebunden, 591 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Helmut Ettinger. In der Weite der Steppe am Unterlauf der Wolga siedeln seit dem achtzehnten Jahrhundert Deutsche.1916 führt Jakob Bach in dem kleinen Dorf Gnadental ein einfaches Leben als Schulmeister, das geprägt ist von den Rhythmen der Natur. Sein Leben ändert sich schlagartig, als er sich in Klara verliebt, eine Bauerntochter vom anderen Ufer der Wolga. Doch ihre Liebe kann sich den Ereignissen nicht entziehen, die die Revolution und die Gründung der Deutschen Republik an der Wolga mit sich bringen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.01.2020

An mangelndem Aufwand liegt es nicht, dass sich Rezensentin Sonja Zekri nicht richtig für Gusel Jachinas 600-Seiten-Roman begeistern kann. Es geht um die Geschichte des deutschen Siedlers Jakob Bach, der in den politischen Umwälzungen im Russland nach dem ersten Weltkrieg lebt und arbeitet. Die Idee, ein exemplarisches Schicksal aus diesem großen histrischen Kontext herauszugreifen, findet die Rezensentin in der Theorie zwar interessant. In der Praxis aber entsteht mit Jachinas Liebe zum Detail und ihr "ethnologischer Eifer" ein Roman, der Zekri an eine penibel ausgestattete, aber "unbeseelte" Modelleisenbahn-Landschaft erinnert und dessen märchenhafte Figurenschicksale sie nicht berühren, wie sie erklärt. Auch die Szene, in der sich die Autorin in den Kopf Stalins hineinversetzt, findet Zekri unglaubwürdig.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.10.2019

Rezensentin Katharina Granzin glaubt, dass es Gusel Jachina mit diesem Roman gelungen ist, die Geschichte der Wolgadeutschen einem großen Lesepublikum schmackhaft zu machen: Wie das Buch mit viel Einfallsreichtum von einem versteckten Paar in der ehemaligen deutschen Sowjetrepublik berichtet, hat sie an den magischen Realismus erinnert. Hinter "dem einsamen kleinen Menschenleben auf dem Land" scheine in dem umfangreichen Schmöker auf geniale Weise die gigantische Kulisse des Zweiten Weltkrieges und seiner Folgen auf, lobt die begeisterte Kritikerin. Einzig die wenigen Kapitel, die aus der Sicht Stalins erzählen, hat sie als unpassende Fremdkörper in dem Lesevergnügen empfunden.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 02.10.2019

Gusel Jachinas zweiter Roman geizt nicht mit Kitsch und Pathos, schreibt Rezensentin Olga Hochweis. Und doch konnte "Wolgakinder" die Kritikerin überzeugen, stellenweise sogar beeindrucken. Das liegt für sie vor allem an Jachinas Liebe zum Detail, ihrem Einfallsreichtum und der "bildreichen" Sprache. Fasziniert ist Hochweis zudem von den Exkursen über die Geschichte der Russlanddeutschen, die die Autorin als Hintergrund für ihre Romanhandlung gewählt hat. Die Handlung beginnt mit dem Wolgadeutschen Jakob Iwanowitsch Bach, der sich in eine seiner Schülerinnen verliebt und in Einsamkeit mit ihr zusammenlebt, bis sie vergewaltigt wird und bei der Geburt des aus diesem Gewaltakt entstandenen Kindes stirbt. Bach verschlägt es im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache, doch er nimmt seine neue Verantwortung an, was für ihn die absolute Selbstaufgabe bedeutet, erzählt die Rezensentin. Geschickt setze Jachina diesen tatsächlichen Vater in Kontrast zu einer prominenten Nebenfigur - Stalin, der sich gerne als "Vater der Völker" bezeichnete. Damit, so Hochweis, öffnet die Autorin den Blick auf das gesamte Bedeutungsspektrum des Verantwortungsbegriffes.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.08.2019

Rezensentin Maria Frisé erkennt in Gusel Jachinas zweitem Roman nicht nur ein buntes Sprachgewebe aus Märchen, Legenden und Historie, sondern so etwas wie ein Epos der Wolgadeutschen. Dass es sich dabei um eine tragische Geschichte handelt, macht Frisé deutlich, die Handlung ist reich an Grausamkeit, erklärt sie. Jachinas Kenntnisse über die Umbruchjahre an der Wolga, als Lenins Achtung für die Wolgadeutschen in Stalins Verfolgungsprogramm kippte, scheint die Rezensentin zu beeindrucken. Die Geschichte um einen Lehrer und seine unerfüllte Liebe zu einer Bauerstochter erzählt die Autorin allerdings mit Neigung zur Melodramatik und opulenten Bildern, warnt sie.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de