Nadja Tolokonnikowa

Anleitung für eine Revolution

Cover: Anleitung für eine Revolution
Hanser Berlin, Berlin 2016
ISBN 9783446247741
Gebunden, 224 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Friederike Meltendorf und Jennie Seitz. Mit zehn Jahren wird Nadeschda Tolokonnikowa Feministin, mit sechzehn Philosophiestudentin, mit einundzwanzig Mitbegründerin der Band Pussy Riot. Mit ihrem Punk-Gebet macht die Gruppe die Welt 2012 auf die Verquickung von Kirche und Staatsmacht in Russland aufmerksam. Als Putins Richter sie verurteilen, nutzt sie die Bühne des Gerichts für eine Verteidigung der Freiheit und der Menschenrechte. Und während ihr Land sich der autokratischen Herrschaft ergibt, beharren sie und ihre Mitstreiterinnen darauf, dass Widerstand möglich ist. "Anleitung für eine Revolution" erzählt Nadeschda Tolokonnikowas Geschichte, und zugleich ist es ihr Manifest. Es handelt vom Kampf gegen ein System, in dem nur frei ist, wer sich anpasst.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.03.2016

Ueli Bernays liest die Revolutionsanleitung der politischen Aktivistin Nadja Tolokonnikowa mit Lust, auch wenn die Autorin darin mitunter pubertär klingt ("Lebe so, dass dein Leben ein Filmplot werden könnte", rät sie an einer Stelle), immerhin bleibt sie frei von Heroismus, meint er. Dass das als Collage aus 200 kurzen Erlebnisberichten, politischen Losungen und Feindes- und Freundeszitaten angelegte Buch selbstironisch und unsentimental rüberkommt, scheint Bernays zu gefallen. Und Revoluzzerfantasien nährt die Autorin mit ihrer mit diversen Vorbildern von den Moskauer Konzeptualisten bis Solschenizyn angereicherten Protestkultur allemal, meint er.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 27.02.2016

Für ihr "Punkgebet" ist Nadja Tolokonnikowa von Pussy Riot in eines der härtesten Arbeitslager Russlands eingesperrt worden. Im vorliegenden Band beschreibt sie nun nicht nur die strapaziösen Haftbedingungen, sondern legt in Form eines "Montageromans" auch ihre "politische Biografie" vor, die in diesem collagierenden Mix aus Zitaten, Aphorismen und biografischen Partikeln mitunter "Manifestcharakter" annimmt, erklärt ein davon sichtlich beeindruckter Rezensent Jens Uthoff. Die Erinnerungen an die Lagerzeit fallen erschütternd sachlich aus, ohne dass Humor und Empathie zu kurz kämen, erläutert der Rezensent im folgenden weiter. Dass die Autorin zur politischen Analyse der Lagerbedingungen Foucault anlegt, findet Uthoff durchaus plausibel, genau wie die Kontinuität der "Disziplinargesellschaft Russland", die Tolokonnikowa umreißt und in der sie eine Analogie zwischen russischer Gesellschaft und der Adenauerzeit Deutschlands erkennt. Für den Kritiker liegt es sonnenklar auf der Hand: Nadja Tolokonnikowa ist für das gegenwärtige Russland das, was Ulrike Meinhof mit ihren Büchern und Filmen für die deutsche Nachkriegsgesellschaft war.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 20.02.2016

Rezensentin Inga Pylypchuk ist enttäuscht: Nadja Tolokonnikowas "Anleitung für eine kommende Revolution" ist leider nicht mehr als leichte Strandlektüre, klagt die Kritikerin, die hier unter anderem lernt, dass sie sich nicht "für ihre Muschi schämen" muss. Schade, denn die Pussy-Riot-Aktivistin hat eigentlich genug Interessantes zu erzählen, fährt Pylypchuk fort: Von den an den sowjetischen Gulgag erinnernden Bedingungen im Straflager liest die Kritikerin hier, hätte dabei auf lesbische "Anekdötchen" aber verzichten können. Und dass Tolokonnikowa ihren sexy Revolutions-Ratgeber mit ein paar Freud-, Lacan-, Derrida- oder Kristeva-Zitaten würzt, macht das Buch auch nicht besser, schließt die Rezensentin.
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