Christoph Türcke

Philosophie des Traums

Cover: Philosophie des Traums
C.H. Beck Verlag, München 2008
ISBN 9783406576379
Gebunden, 240 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Die philosophische Analyse, die dieses Buch unternimmt, gilt einem Phänomen, das wir alle kennen. Seine Anfänge reichen wenigstens bis in die Altsteinzeit zurück, schon in der Antike wurde es professionell behandelt, doch erst im 20. Jahrhundert wissenschaftlichen Standards unterzogen: der Traum. Wir träumen, wenn wir aufgehört haben zu denken, und doch ist der Traum nicht gedankenlos. Er zeugt von einem Denken unterhalb des Denkens. Seine massenmedial nach außen gekehrte Form ist der Film, der seinen Betrachter in eine Art Wachtraumleben hineinzieht. Der Traum selbst ist jedoch der Inbegriff des Innerlichen. Nur wer in sich versunken ist, kann träumen. Es gibt einen historischen Punkt, an dem sich diese Gegensätze auf brisante Weise berührt haben. 1895 wurden in Paris die ersten Filme gezeigt. In Wien indessen"enthüllte sich am 24. Juli 1895 dem Dr. Sigmund Freud das Geheimnis des Traumes". Für Christoph Türcke wird diese Koinzidenz zum Ausgangspunkt einer philosophischen Mentalarchäologie des Traums, mit dem Ziel, die Primärprozesse unseres Denkens und unserer Kulturbildung freizulegen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.01.2009

Den Autor hält der Rezensent nicht nur für einen großen Dialektiker, das Buch nicht nur für einen Meilenstein der Freud-Rezeption. Was Rezensent Burkhard Müller da in Händen hält und was mit 250 Seiten nicht einmal allzu schwer wiegt, kommt ihm vor wie eine anthropologische Synthese aus dem Denken Platons, Kants und Freuds. Geht's nicht eine Nummer kleiner? Geht es nicht, muss es auch nicht, meint Müller. Ihm zufolge nämlich gelingt Christoph Türcke die Meisterleistung, mittels sachlicher Eleganz, temperamentvoll wie kontrolliert die Kunst der Spekulation zu betreiben. Die drei Großkapitel "Traum", "Trieb", "Wort" türmen sich vor Müllers Augen zu einer allgemeinen Kulturtheorie von "ungewöhnlicher Gedankendichte" und mit einer schier unüberschaubaren Fülle an Entdeckungen für den Leser. So stößt Müller auf eine komplette Theorie der Sprachentstehung, sowie auf eine schlüssige Antwort auf die Frage, warum es den Freudschen Todestrieb nicht geben kann. Das ist Freud, genuin weitergedacht beziehungsweise überwunden, staunt Müller. Manchem, warnt der hoch begeisterte Rezensent, wird das als Zumutung erscheinen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.12.2008

Sehr beeindruckt hat Rezensent Lutger Lütkehaus diese philosophische ”Mentalarchäologie” des Leipziger Philosophieprofessors über den Traum gelesen, die er als ”herausragendes Sachbuch” empfiehlt. Und zwar nicht allein auf Grund seiner inhaltlichen Qualität und Gelehrsamkeit, sondern auch, weil das Werk aus seiner Sicht exzellent geschrieben ist. Spekulationsfreudig suche Christoph Türckes Argumentation außerdem das Risiko. Türcke richte sein Augenmerk auf Strategien der Träume, also Macharten, Produktionsweisen und verschiedene Formen der Traumarbeit. Anders als Freud sehe Türcke den Schrecken nicht als Ergebnis, sondern als Ausgangspunkt der Traumarbeit, die durch ”Wiederholung des Schreckens” Trauma-auflösend wirke. Spannend findet der Rezensent auch den daraus entwickelten Punkt, dass der Traum auf diesem Weg eine Art Grundfigur ”einer entlastend und kathartisch” verstandenen menschlichen Kulturbildung werde. Leise deutet der Rezensent allerdings an, dass die Überfülle der für diese Denk- und Mentalitätsgeschichte herangezogenen Details mitunter empfindlich den ”Nachvollzug” hemmt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.10.2008

Gespannt hat Oliver Pfohlmann diese "Philosophie des Traums" gelesen, in der sich Christoph Türcke auf gerade einmal 250 Seiten den großen Fragen der Menschheit zuwendet, und zwar nicht nur in philosophischer Hinsicht, sondern auch in psychoanalytischer, anthropologischer und neurologischer. Oft sei das alles sehr spekulativ, meint Pfohlmann, aber oft auch anregend, plausibel und immer elegant geschrieben. Türcke beschreibt darin etwa als die große Kulturleistung der Steinzeitmenschen, ihre ständig präsenten Ängste (vor Donnergrollen und Säbelzahntigern) durch die Traumarbeit verschoben und verdichtet, umgedeutet und entschärft zu haben. Die Steinzeit als "halluzinative Dauer-Traumzeit" also. So weit ist der Rezensent völlig bei der Sache, nur wenn Türcke durch Globalisierung, Fernsehen und Hirnforschung einen Prozess der Desedimentierung befürchtet, durch den die verdrängten Urängste wieder an die Oberfläche geholt werden, geht der Rezensent auf Distanz.

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