Jacques Derrida, Gianni Vattimo

Die Religion

Cover: Die Religion
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783518120491
Taschenbuch, 250 Seiten, 11,20 EUR

Klappentext

"Zeit: der 28. Februar 1994. Ort: eine Insel, Capri. Ein Hotel, ein Tisch, an dem die versammelten Freunde miteinander reden. Beinahe ungeordnet, ohne ordnende Begriffe außer einem Wort: dem klarsten und zugleich dunkelsten: Religion. Warum bereitet das Phänomen, diese überhastet 'Rückkehr der Religionen' genannte Erscheinung soviel Schwierigkeiten? ... Beschränkt sich die 'Rückkehr der Religiösen' auf das, was in der öffentlichen Meinung diffus 'Fundamentalismus', 'Integrationismus', 'Fanatismus' genannt wird? Und so haben letztendlich historische Zwänge uns diese Frage vorgegeben." Jaques Derrida
Zu den Beiträgen dieses Bandes gehören neben Jaques Derrida und Gianni Vattimo Maurizio Ferraris, Hans-Georg Gadamer, Aldo Gargani, Eugenio Trias und Vincenzo Vitiello.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.01.2002

Lässig schiebt der Rezensent Uwe Justus Wenzel alle Aufsätze des Bandes bis auf den einen von Derrida beiseite; Derridas Text, so Wenzel, ist das "Hauptstück", folglich sind alle anderen, von Vattimo bis Gadamer, keiner weiteren Erwähnung wert. Derrida nun geht es um die Gemeinsamkeiten von Religion und Vernunft. Im Moment der Bezeugung, das jedem Sprechakt innewohnt, sieht er diese zu allererst. In jedem Gespräch, in jeder Adressierung des anderen, wird ein Dritter herbeizitiert, ein Zeuge als "deus ex machina". Das klingt, findet Wenzel, erst einmal wie eine "Variation der Habermasschen Diskursethik", wird dann aber zu einer "abstrakten Religionsphänomenologie" ausgeweitet. Die religiöse Erfahrung ist jedoch, laut Derrida, eine schon im Ursprung doppelte: die der "absoluten Achtung vor dem Leben" und die der "Opferbereitschaft". Gegen das Vertrauen, die Bezeugung, stehe die Gefahr des "reaktiven Zugs", des "Kriegs der Ressentiments". Genauere Klärungen vermisst Wenzel an dieser Stelle, hat aber insgesamt wohl nichts gegen die Überlegungen Derridas einzuwenden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.12.2001

Michael Mayer scheint nach der Lektüre dieses Bandes noch unter Schock zu stehen: "Von der Kühnheit dieser politischen, religiösen Prospektiven ist man wie vor den Kopf gestoßen." Und manchmal hat man angesichts seiner Kritik, die ein wenig an die hochfliegende Seminarprosa der achtziger Jahre erinnert, er sei noch nicht ganz wieder zu Bewusstsein gekommen. Immerhin versteht man, dass man den Kapitalismus als das radikal Böse ansehen müsse, dass es sich als solches im Epochenjahr 1989 manifestiert habe, und dass sowohl Derrida als auch Vattimo in Religion so etwas wie eine Hoffnung erkennen, mit diesem radikal Bösen irgendwie zurechtzukommen. Beide beziehen sich dabei nach Mayer positiv auf Heidegger und negativ auf Emmanuel Lévinas, kommen allerdings zu konträren Schlussfolgerungen. Beide aber stellen laut Mayer in diesem Band, der auf eine Tagung in Capri zurückgeht, "die Frage nach einem dritten Weg und einer dritten Antwort auf die Frage der (Rückkehr der) Religion".