Michael Hampe

Tunguska oder Das Ende der Natur

Cover: Tunguska oder Das Ende der Natur
Carl Hanser Verlag, München 2011
ISBN 9783446237674
Gebunden, 317 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Was meinen wir eigentlich, wenn wir von der Natur reden? Vier Männer - ein Physiker, ein Philosoph, ein Biologe und ein Mathematiker - verwickeln sich in ein Gespräch über das mysteriöse Tunguska-Ereignis, das in Sibirien ein riesiges Waldgebiet verwüstete. Die Frage, wie das Rätsel zu lösen sein könnte, führt in eine Grundsatzdiskussion, was die Natur überhaupt sei. Ist sie gut oder böse? Ist der Mensch ein Teil von ihr? Oder ist sie nur eine Idee in unseren Köpfen? Der Philosoph Michael Hampe inszeniert ein fiktives Gespräch zwischen vier Wissenschaftlern über die Idee der Natur, von der wir sicher zu wissen glauben, was sie bedeutet.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.11.2011

So mag Martin Seel den philosophischen Disput gern: Höflich, aber leidenschaftlich. Um die Frage zu klären, was Natur und was Kultur ist, lässt Michael Hampe vier Forscher miteinander in den Wettstreit treten, um den mysteriösen Asteroiden-Einschlag von Tunguska im Jahr 1908 zu klären. Angelehnt an reale Denker wie den Biologen Adolf Portmann, den Philosophen Paul Feyerabend und den Mathematiker North Whitehead streiten Hampes Figuren um die Frage, ob die Natur unwandelbares Gesetz sei, reiner Zufall oder gar nicht existent, weil es nur ihre einzelnen Momente gibt. Deutlich erkennt Rezensent Seel aber, dass Hampe kein neutraler Schiedsrichter in diesem Match ist, seine Sympathien liegen deutlich bei Feyerabend, so dass sich für Seel als These deutlich herauskristallisiert, dass die Natur keine Natur hat und deshalb auch nicht so eindeutig von der Kultur zu trennen ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.11.2011

Die Sternminuten der Gattung Dialog muss Burkhard Müller in diesem offenbar etwas disparaten Buch des Zürcher Philosophen Michael Hampe schon mit der Lupe suchen. Allerdings hat sich der Autor auch nicht gerade wenig vorgenommen, wenn er, wie Müller erläutert, den Versuch unternimmt, anhand von vier Gesprächspartnern (Physiker, Philosoph, Mathematiker und Primatenforscher) auf der Suche nach einer neuen Existenzform, die Trennung von Naturwissenschaft und Ethik rückgängig zu machen. Oder zumindest zu betrauern und überhaupt ins Bewusstsein zu bringen, wie Müller einschränkt, denn das große Unternehmen will nicht gelingen, dem Autor fehlt es an dramaturgischem Geschick, um einen ausgewogenen Dialog zu entwerfen. So weit so schade, findet der Rezensent. Aber das Problem erkannt und kommuniziert zu haben, meint er, etwa das Verhältnis des kosmisch Kleinen zum kosmisch Großen ("Wir alle als Einzelne"), ist schließlich auch schon etwas.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.10.2011

Diese Kritik ist recht anstrengend zu lesen, etwa wie eine typische deutsche Professorenkritik, die sich nach der Hälfte der konzedierten Zeilenzahl zu ihrem Gegenstand herablässt. Totengespräche zwischen verschiedenen Philosophen über das Wesen der Natur präsentiert der Zürcher Philosoph Michael Hampe, informiert der Rezensent Helmut Mayer dann doch, bevor er wieder heftig abdriftet und uns die "essenzielle Gesetzesnatur" als "Effekt einer Abstraktion von konkreten Ereignissen, die eine Wirklichkeit aufspannen, welche genau genommen durch und durch partikular und historisch ist", nahe zu bringen versucht. Irgendwie scheint es aber um die Frage zu gehen, ob Natur überhaupt Gesetze hat, oder ob wir sie nur in sie hineinlesen, ob Natur überhaupt als Gegensatz von Kultur aufzufassen sei - und so weiter. Inbild all dieser schwer zu lösenden Rätsel ist die sibirische Tunguska-Katastrophe von 1908.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2011

Angetan zeigt sich Rezensent Oliver Pfohlmann von Michael Hampes Buch "Tunguska oder Das Ende der Natur". Eine ebenso gewaltige wie rätselhafte Explosion im Jahr 1908 in Sibirien, nahe dem Tunguska-Fluss, bildet laut Rezensent den Ausgangspunkt für die Überlegungen des an der ETH Zürich lehrenden Philosophen zu den unterschiedlichen Deutungen dieses Ereignisses in der Wissenschaft. Im Zentrum sieht er bei Hampe die Reflexion verschiedener Naturbegriffe. Originell findet er dabei die Darstellungsform des Werks. Neben Essay und wissenschaftlicher Darstellung nennt er hier Dialoge und fiktives Personal. So unterhielten sich in dem Buch vier tote Wissenschaftler über mögliche Erklärungen des Tunguska-Ereignisses. Während Pfohlmann die Essays für ihre hohe literarische Qualität ausdrücklich lobt, scheinen ihm die Totenreden bisweilen etwas "langatmig".