Paul Theroux

Mutterland

Roman
Cover: Mutterland
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2018
ISBN 9783455002904
Gebunden, 656 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Theda Krohm-Linke. Alle in Cape Cod halten Mutter für eine wunderbare Frau: fleißig, fromm, genügsam. Alle außer ihrem Ehemann und ihre sieben Kinder. Für sie ist sie eine engstirnige und selbstsüchtige Tyrannin. Der Erzähler Jay, Reiseschriftsteller mittleren Alters, ist eines der sieben Kinder. Zusammen mit den Geschwistern findet er sich bei der Mutter ein, als der Vater stirbt - die erstickende Enge dort, im wortwörtlichen Mutterland, evoziert eine Bandbreite an Gefühlen, die dem Leser auf unheimliche Weise genau das präsentieren, was sonst immer nur der Horror der anderen ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.04.2018

Amüsant, packend und "peinvoll ergreifend" findet Rezensentin Sabine Vogel Paul Therouxs autobiografischen Familienroman. Mit aufrichtigem Unbehagen und gleichzeitigem Vergnügen an der literarischen Qualität dieses Buches liest man von den Intrigen und den fürchterlichen Gemeinheiten, die sich die sieben Kinder der manipulativen Matriarchin gegenseitig antun im Wettkampf um deren Nähe und Zuneigung, erfahren wir. Keines der Kinder hat es geschafft, sich von ihr loszureißen, auch nicht Jay, der Schriftsteller und Therouxs Alter Ego, der besonders in seiner Jugend einige leider vergebliche Versuche unternahm, der Abhängigkeit von dieser Familie zu entfliehen. Gnadenlos resümiert und reflektiert er sein Scheitern und seine Schwäche, lesen wir. Aber eines hat sie ihn doch gelehrt, seine kaltherzige Mutter: "Die Kunst der Lüge". Also haben wir es am Ende ihr zu verdanken, dass wir dieses beeindruckende Werk, in dem Theroux und sein Alter Ego ihr eigenes Leben fiktionalisieren, in den Händen halten können, so die begeisterte Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.03.2018

Mit viel schwarzem Humor erzählt Paul Theroux laut dem Rezensenten Ulrich Rüdenauer in seinem neuen Roman "Mutterland", wie eine greisenhafte Despotin ihre zahlreichen, selbst schon betagten Kinder tyrannisiert. Die Matriarchin regiere ihre Brut nach dem Tod ihres Ehemannes mit "feinster Manipulation und banalster Brutalität", was dem belustigten Rüdenauer Einblicke in die seelische Struktur von Stalin und Konsorten gewährt hat. Die pointiert wiedergegebenen hasserfüllten Dialoge, die intrigante Mutter und die Geheimnisse, die den Alltag der Justus-Geschwister bestimmen, lassen den Rezensenten jedenfalls gut verstehen, warum Max Horkheimer die Familie als "Keimzelle des Faschismus" beschrieb.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.03.2018

Einen "Roman der Dekadenz" nennt Rezensent Kai Sina "Mutterland" von Paul Theroux, denn - und das ist die versteckte "Pointe" in diesem Buch - das Leid, die seelischen Schmerzen, die Art der Gefangenschaft, die hier beschrieben wird - dies alles sind eigentlich Luxusprobleme, bemerkt der Rezensent, was allerdings nicht bedeuten soll, dass sie nicht ernst zu nehmen sind und nicht anrühren. Grässlich, enervierend und voll dunklem, beißendem Humor sind die Familienverhältnisse, welche Theraux in seinem teils autobiografischen Roman beschreibt, für jene, die sie von außen betrachten. Für die Hauptfigur, die dem Autoren in vielem gleicht, gibt es allerdings kein Außen, lesen wir. Es ist ein seltsamer, ein bösartiger und vor allem abgeschotteter "Clan" - diese Familie, deren Mitglieder alle um die Gunst ihrer kaltherzigen Anführerin konkurrieren. Warum es keiner von ihnen schafft, sich dem Einfluss der herrischen Mutter zu entziehen, ist die Leitfrage in diesem Roman, auf die es jedoch keine zufriedenstellende Antwort zu geben scheint und keine Hoffnung auf Rettung außer vielleicht den Tod der Mutter, verrät der Kritiker. Das hat allerdings auch zur Folge, so Sina, dass die Figuren und vor allem die Hauptfigur, keine wirkliche Entwicklung durchlaufen, sondern immer nur neue Phasen des selben Leidens durchleben. Dass das auf die Dauer von 700 Seiten ein wenig ermüdend wirken kann, können wir nur zwischen den Zeilen lesen.
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