Paul B. Preciado

Ein Apartment auf dem Uranus

Chroniken eines Übergangs
Cover: Ein Apartment auf dem Uranus
Suhrkamp Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783518076514
Kartoniert, 368 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Stefan Lorenzer. Es war Karl Heinrich Ulrichs, der 1864 der "Liebe, die ihren Namen nicht zu nennen wagt", erstmals einen Namen gab: Inspiriert vom griechischen Gott Uranos, bezeichnete er gleichgeschlechtliches Begehren als Uranismus. Mit dem Begriff forderte er als einer der Ersten überhaupt öffentlich das Recht ein, anders zu lieben. Auf Ulrichs Spuren träumt Paul Preciado von einem Apartment auf dem Uranus, einem Ort fern der irdischen Kategorisierungen und Festlegungen, einem Ort der sexuellen Dissidenz. Preciados in diesem Band versammelte Texte verdichten sich zu der Erzählung eines Übergangs: einer durch die Einnahme von Testosteron angestoßenen Transformation des eigenen Körpers und der eigenen Identität - von Beatriz zu Paul. Zugleich dokumentieren und analysieren sie die im Wandel begriffenen politischen Verhältnisse. Von den Protesten im krisengebeutelten Athen über die verzweifelte Situation der Flüchtlinge auf den griechischen Inseln bis hin zur Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien begleitet Preciado Kämpfe um Würde und Autonomie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.12.2020

Rezensent Andreas Mayer spricht etwas despektierlich über den "popkulturellen Theoriesound", den der spanische Philosoph und Queer-Theoretiker Paul B. Preciado in seinen Texten pflegt. Preciados in diesem Band versammelte Zeitungskolumnen liest Mayer als "subjektive Chroniken eines Lebens im Transit", jenseits von geschlechtlicher Identität. Ein Selbstexperiment mit Testosteron, das Mayer interessiert, auch wenn ihn die Theorie und ihr Sound darin mitunter nervt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.07.2020

Rezensent Thomas Ribi teilt durchaus nicht jede von Paul B. Preciados Thesen, und trotzdem empfindet er dessen Texte in "Ein Apartement auf dem Uranus" als anregend, augenöffnend und "faszinierend". Preciados thematischer Ausgangspunkt ist seine oder ihre Position zwischen den gesellschaftlich als Norm festgelegten zwei Geschlechtern und den Schwierigkeiten, auf dieser Zwischenposition zu beharren, lesen wir. Er ist nicht (mehr) Beatriz, die er einmal war, aber auch nicht Paul, der er jetzt zu sein gedrängt wird, erklärt der Rezensent mit wechselnden Pronomen. In seinen Kolumnen für die französische Tageszeitung Libération hinterfrage Preciado das dichotome Geschlechtersystem - und das meist mit bewundernswerter Eleganz und Klugheit, wenn auch mitunter etwas chaotisch, so der Rezensent. Dabei gehen seine Überlegungen nicht selten über die Geschlechterproblematik hinaus und fragen nach dem Wesen der Identität, so Ribi, der das äußerst aufschlussreich und inspirierend findet.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.06.2020

Rezensentin Claudia Lenssen scheint fasziniert von Paul B. Preciados neuem Buch, äußert aber auch Kritik. Der Band ist eine Sammlung von Artikeln, die der Queer-Theoretiker zwischen 2013 und 2018 für die französische Zeitung Libération verfasst hat, und beschäftigt sich erneut, laut Rezensentin am Thema der Reise aufgehängt, mit Geschlechteridentität und Politik. Preciados Theorie gehe dabei immer mit Praxis, genauer mit Selbstversuchen einher, und er schildere "minutiös" beispielsweise seine Anerkennung als Mann, erklärt Lenssen. Die Verwendung theoretischer Begriffe und auch der Instanz des "wir" findet sie hingegen etwas schwammig und hätte sich, gerade bei den thematisierten "Mikropolitiken des Übergangs", weniger "diskursive Rasenmäher" gewünscht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.06.2020

Samir Sellami hört den Ruf des Philosophen Paul B. Preciado nach einer neuen Gesellschaft. Preciados gesammelte Kolumnen vor allem aus Athen zwischen 2013 und 2018, entstanden im Auftrag der "Libération", findet Sellami zart und brutal, verschwenderisch und selbstverliebt. Die Themen Unterwegssein und Revolution behandelt der Autor laut Rezensent vor der Folie seiner Gendertransition. Preciados Selbstverständnis als "Dissident des Geschlechtersystems" befördert in den Texten eine "radikale politische Vision" von Vielfalt, erklärt Sellami.
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