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Stichwort
Werte
14 Presseschau-Absätze
9punkt 23.09.2020 […] immer schlägt. Diversität, Tradition und Eigenverantwortung natürlich auch - vor allem, weil man sich die zuallererst leisten können muss. Aber sind das Werte? Eigentlich nicht. Es sind Slogans und Maximen, die billig zu haben sind. Was heute Werte genannt wird, hieß vor nicht allzu langer Zeit schlicht Interessen."
Auch die Feministinnen verstricken sich immer tiefer in widersprüchlichen Wertediskussionen […] eit von 1986 (wie es im Perlentaucher auch schon Thierry Chervel tat, hier). Habermas' Fehler im ursprünglichen Historikerstreit, so Rothberg, war ein zu idyllischer Blick auf den Westen: "Ohne den Wert der Verfassungsprinzipien, die Habermas im Rückblick auf eine faschistische Diktatur artikuliert hatte, in Abrede stellen zu wollen, muss gesagt werden, dass ein vorbehaltloses Bekenntnis zum 'Westen' […] erne sie sich aneignen, schreibt der Philosoph Maurizio Ferrari in der FAZ und entwickelt aus dieser Idee eine neokeynesianische Utopie: "Jede unserer Handlungen wird festgehalten und erzeugt einen Wert in Form der Erstellung spezifischer Nutzerprofile, der automatisierten, personalisierten Datenverteilung. Doch wenn das so ist, muss der von uns unbewusst produzierte Mehrwert besteuert werden, mit […] Magazinrundschau 01.11.2018 […] normative Standards oder Werte auskommen kann. Aber wer soll diese Standards festsetzen? Oder sind "Werte" nur eine etwas unbeholfene Formulierung für Bürgersinn und demokratisches Ethos? In der Rechtswissenschaft jedenfalls erodiert Volkmann zufolge der Wertbegriff schon, im NPD-Urteil wollte das Bundesverfassungsgericht selbst die rechtsextreme Partei nicht mehr auf demokratische Werte verpflichten. Und […] auch heute noch hinter aller Kritik: Die Werte, so schrieb er, hätten kein Sein, sondern nur eine Geltung, sie drängten auf fortlaufende Realisierung ihres Gehalts, immer wolle sich der höhere Wert gegen den niedrigeren durchsetzen, der Wert an sich gegen den Unwert, der am Ende ausgemerzt und vernichtet werden müsse. Auf diese Weise unterwerfen sich die Werte, sekundierten andere später, zuletzt auch […] Aufstieg der Werte war schon in den fünfziger Jahren so ambivalent wie die Kritik an ihnen, weiß Volkmann: "Begleitet wurden dieser Aufschwung der Werte und ihre Verwandlung in eine amtliche Ethik allerdings immer schon von einem Grundrauschen der Kritik am ideologischen Charakter der ganzen Veranstaltung. Ihre bis heute maßgebliche Programmschrift hat sie in Carl Schmitts 'Tyrannei der Werte' gefunden […] 9punkt 30.04.2018 […] Die Werte unserer Gesellschaft sind nicht christlich, auch wenn das gern behauptet wird, schreibt der Humanist Heinz-Werner Kubitza in der taz: "Toleranz und Freiheit sind eben nicht organisch aus dem Christentum erwachsen, sondern mussten geradezu in Gegnerschaft zum Christentum verwirklicht werden. Religiöse Rechthaberei und Bevormundung mussten erst aus Staat und Rechtsprechung verschwinden, damit […] 9punkt 03.01.2018 […] Gütig oder tapfer kann jeder sein. Um "Werte" hochzuhalten, braucht man allerdings in der Regel Geld. Und so verstärkt ausgerechnet die "Werte"-Fixiertheit die sozialen Unterschiede, überlegt Wolfgang Ullrich in der NZZ. Heute haben wir auf der einen Seite eine Moralaristokratie, auf der andere ein Moralproletariat. Ausdruck dieses "moralischen Wohlstandsgefälles" sind die erstarkten populistischen […] 9punkt 07.12.2016 […] sind ein säkularer Staat. Demokratie als Leitkultur? Ist ein Widerspruch in sich. Es gibt nur die demokratische Rechtskultur, die dann aber doch, so Seel, auf universalen Werten aufbaut. "Personen und Kollektive, die solche Werte haben und in ihrem Handeln beweisen, stehen dadurch für ihren Eigensinn und die eigene Lebensweise ein, dass sie diese als eine unter anderen verstehen, ohne ihren Lebensstil […] 9punkt 26.09.2016 […] einheimische Werteordnung dürfe nicht unterhöhlt werden. In allen diesen Fällen werden in politischen Prozessen Werte gegen Grundrechte ausgespielt, mit dem Ergebnis, wenn nicht sogar dem Ziel, das Recht zu einem Büttel partikularer Werte zu machen. Wer in dieser Lage den Vorrang des Rechts vor den Werten nicht zu verteidigen bereit ist, fällt der Demokratie in den Rücken. Denn Demokratien sind keine Werte […] 9punkt 17.05.2016 […] tun dürfen. Das gleiche, wenn ein Katholik ein Kreuz trägt." Ob er sich demnächst in Deutschland gegen den staatlichen Einzug von Kirchensteuern wendet?
Gegen Kulturkonservatismus und die Rede von "Werten" im konservativen Sinne wendet sich der Theologe Friedrich Wilhelm Graf in der SZ: "Man muss Einwanderern die Einsicht nahebringen, dass es in einer offenen, religiös und weltanschaulich pluralistischen […] 9punkt 29.03.2016 […] Rede von den "Werten" lehnt er jedenfalls ab: "Der Wertbegriff trägt immer schon die Unterscheidung von 'wert' und 'unwert' in sich, und er wirkt unausweichlich exkludierend: Manche teilen bestimmte 'Wertüberzeugungen', andere lehnen sie ab. Moralische Dissense sind in einer freiheitlichen Gesellschaft der Regelfall und legitim. Deshalb werden nur Minderheiten ausgegrenzt, wenn die 'Werte' der Mehrheit […] Ideologie in der Reflexion über die Diktatur des Proletariats und alle Verbrechen, zu denen sie führte, beiseite lassen? Wer kann behaupten, dass es sich hier nur um die Ausschreitung einiger Radikaler handelte? Wie soll man die Nazi-Ideologie im Holocaust beiseite lassen? Wer würde darin nur die mentale Abweichung einiger Frustrierter sehen?"
Außerdem: Jürgen Kaube zitiert in der FAZ eine Studie […] n aller gelten sollen. Für wirklich alle gilt allein das Recht, und deshalb sind Rechtsbrecher zu verfolgen und zu bestrafen. Aber dies hat nichts damit zu tun, ob irgendwelche jungen Muslime die 'Werte' von älteren Katholiken, Protestanten oder Agnostikern teilen."
Xavier Théry greift in Causeur.fr in die französische Expertendebatte um die Motive der Dschihadisten ein: Handelt es sich wirklich […] 9punkt 14.03.2016 […] Wer Werte sagt, sagt auch Werterelativismus, denn Werte kommen immer in der Mehrzahl vor und widersprechen sich, erklärt der Freiburger Philosoph Andreas Urs Sommer in der NZZ. Das macht sie nicht überflüssig, im Gegenteil: "Gerade in ihrer irreduziblen Pluralität sind Werte modern. Moderne Gesellschaften brauchen keine moralischen Letztbegründungen und keine letzte Moral-Einheit. Was sie brauchen […] immer wieder neu verständigen. Werte sind genau solche regulativen Fiktionen [...] Charakteristisch ist ihre fundamentale Leere, in die alles Mögliche projiziert werden kann. Als regulative Fiktionen unterliegen sie ständig der Veränderung. Diese Veränderung trifft jedoch die Menschen nicht wie ein Meteoritenhagel, sondern sie ist das Produkt menschlicher Interaktion. Werte sind Verhandlungssache - politische […] 9punkt 02.03.2016 […] Prinzip der Gleichberechtigung seinen Ausdruck findet." Die Frage ist nur, ob diese Norm nicht erkämpft wurde, weil sie in der Gesellschaft zuvor als Wert formuliert wurde. Im Perlentaucher hatte es im November einen Streit um den Begriff der "Werte" gegeben, mehr hier.
Weiteres: In der FAZ spricht sich Peter Kielmansegg gegen den von Armin Nassehi neulich geforderten "Konservatismus" (unser Resümee) […] Der Philosoph Herbert Schnädelbach wehrt sich im Gespräch mit Michael Hesse in der Berliner Zeitung gegen den Begriff der Werte, dem er den Begriff der Normen und Rechtsordnungen bei weitem vorzieht: "Bewertungen sind immer die Sache von Einzelnen oder von Gruppen. Letztlich können wir uns in einer freien Gesellschaft nicht auf gemeinsame Werteordnungen einigen, weil Wertungen Privatsache sind... Die […] 9punkt 16.02.2016 […] Im Gespräch mit Michael Hesse von der FR will der Philosoph Herbert Schnädelbach den Begriff der "Werte" am liebsten abschaffen und statt dessen einerseits von "Normen" sprechen (wenn wir uns dran halten müssen), andererseits von "Gütern". Der Begriff der Werte ist ihm zu unklar: "Es ist klar, dass mit den veränderten Lebensbedingungen sich die Dinge und Institutionen, die wir wertschätzen, auch verändern […] 9punkt 12.12.2015 […] Den Begriff der "Werte" findet Isolde Charim in der Wiener Zeitung sinnlos, denn wir leben ja in einer pluralistischen Welt koexistierender Werte: "Pluralisierung hat zur Folge, dass keiner mehr seine Religion, seine Kultur so leben kann, als ob es keine andere daneben gäbe. Pluralisierung ist die ganz praktische Aufhebung des Absolutheitsanspruchs jeder Religion. Dazu braucht es weder Überzeugung […] noch Aufklärung. In gemischten Gesellschaften steht jede Religion neben anderen Religionen, jede Kultur neben anderen Kulturen." Und in der Verteidigung der Möglichkeit dieser Pluralität liegt kein Wert? […] 9punkt 25.11.2015 […] sei, der nur vom positiv verstandenen "Werterelativismus" wegführe und Streit schüre. Darauf antwortet Thierry Chervel im Perlentaucher. "Seibts Behauptung, Werterelativismus sei selbst ein positiver Wert, erstaunt. Relativismus ist Beliebigkeit und führt zum Verlust von Kriterien. Relativistisch argumentiert Seibt selbst, wenn er vor einem Glaubenskrieg warnt, als sei die laut geäußerte Weigerung einer […] 9punkt 18.11.2015 […] Gustav Seibt riet in der SZ gestern dagegen davon ab, die hiesige Lebensweise als Wert hochzuhalten, da dies nur zu Streit mit anderen Lebensauffassungen führen könne (der Text steht jetzt online), und in der FAZ plädiert Christian Geyer nun dagegen, dass "die persönliche Freiheit zum absoluten, nicht einschränkbaren Wert" erklärt wird. "Muss man daran erinnern, dass es kein Menschenrecht auf Unbeschwertheit […] hält Joachim Güntner nichts von der verbalen Aufrüstung. Die Kriegsrhetorik, meint er, spiele den Terroristen nur in die Hände, wenn er sie zu Kombattanten adelt: "Der Terrorkrieg ist ein Krieg der Werte. Damit steht alles auf dem Spiel, voran die Freiheit und ihre Freuden. Die Selbstmordattentäter von Paris attackierten die liberale Lebensform, die nicht nur Aufklärung, Meinungsfreiheit, Demokratie […]