James Q. Whitman

Hitlers amerikanisches Vorbild

Wie die USA die Rassengesetze der Nationalsozialisten inspirierten
Cover: Hitlers amerikanisches Vorbild
C.H. Beck Verlag, München 2018
ISBN 9783406721397
Gebunden, 249 Seiten, 26,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Andreas Withensohn. Als in Deutschland die Nationalsozialisten triumphieren, ist in den USA die hohe Zeit der "Jim-Crow-Gesetze", mit denen die Diskriminierung der Schwarzen geltendes Recht wird. Eine zufällige Parallele? Was kaum zu glauben klingt, das dokumentiert der Rechtshistoriker James Q. Whitman unwiderleglich: Der Rassismus in den USA lieferte den Nazis Anschauungsmaterial für die Diskriminierung der Juden. Der Empfang durch die New Yorker Anwaltskammer sei "warm" und "besonders befriedigend" gewesen, befand Ludwig Fischer. Der Jurist, der 1947 hingerichtet wurde, war Leiter einer Delegation, die sich auf eine "Studienreise" in die USA begeben hatte. Die Reise im September 1935 war als Belohnung für ein Jahr "harter Arbeit" gedacht, das die Ausarbeitung der "Nürnberger Rassengesetze" und die Überwindung "überholter" Rechtsstandpunkte allen Beteiligten abverlangt hatte. Nun aber war man in dem Land, von dem man so viel gelernt hatte und von dem man noch mehr lernen wollte: Wie man Rassengesetze nicht nur macht, sondern auch wirksam umsetzt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.06.2018

Thomas Speckmann sagt es gleich vorweg: Wer dieses Buch politisch missbraucht, hat es nicht verstanden. Daran dass der Rechtshistoriker James Q. Whitman sich weder von Rechts noch von Links vor den Karren spannen lassen will mit diesem Buch, daran zweifelt Speckmann nicht. Eine Gleichsetzung der heutigen USA mit dem "Dritten Reich" zum Zweck einer Relativierung der Schuld am Holocaust kann Speckmann im Text nicht erkennen, einen Vergleich zwischen den US-Südstaaten der 1930er Jahre und dem nationalsozialistischen Deutschland allerdings schon. Speckmanns Erkenntnis nach der Lektüre: Das Buch erklärt mitnichten die Entstehung des Nationalsozialismus aus der amerikanischen Geschichte.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.04.2018

Warum wurde dieses Buch überhaupt ins Deutsche übersetzt, fragt sich entgeistert der Historiker Götz Aly. Der amerikanische Autor James Q. Whitman, ein in Yale lehrender Rechtshistoriker, bietet für seine Behauptung, Hitlers mörderische Rassenpolitik sei von den USA inspiriert, nur mit "möglicherweise" und "vielleicht" garnierte Thesen. Sicher gab es in den Dreißigern in den USA - wie auch überall sonst in Europa - Rassismus. In vielen Ländern dachte man auch über Rassehygiene und Zwangssterilisationen nach und praktizierte sie manchmal. Das war einfach "der Geist der Zeit", so Aly. Aber nirgends waren diese Ideen so mörderisch wie in Deutschland. In den USA hörten rechtsstaatliche Kontrollen nie auf zu funktionieren, es gab immer eine freie Presse, Parlament und Justiz waren unabhängig, während Deutschland ein tödlicher Einparteienstaat mit Gaskammern wurde.  Nein, dieses Buch hätte Aly nicht gebraucht.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 31.01.2018

Ziemlich schockierend findet Rezensent Alan Posener, wie rassistisch die Einwanderungspolitik der USA über Jahrhunderte war. James Whitman, Jurist an der Universität Yale, beschreibt in seinem Buch sehr eindeutig, dass die Einwanderungsgesetze nur "freie Weiße" ins Land ließen (1790), Chinesen und anderen Asiaten die Einreise verboten (1870) und die "nordischen Rassen Nord- und Westeuropas" gegenüber den "unerwünschten Rassen Ost- und Südeuropas" bevorzugten (1924). Tief einatmen muss Posener auch, wenn Whitman darlegt, wie Roland Freisler sich bei den Nürnberger Gesetzen am amerikanischen Rechtssystem orientierte. Allerdings stellt Posener auch klar, dass sich die Relativierer und Historisierer des Nationalsozialismus von diesem Buch keine Munition versprechen sollten: Die Amerikaner waren Rassisten, keine Nazis. Und sie zielten mit ihrem Projekt der "Aufnordung" auf Segregation und Einwanderung, nicht auf Deportation und Vernichtung.