Ahlrich Meyer

Das Wissen um Auschwitz

Täter und Opfer der "Endlösung" in Westeuropa
Cover: Das Wissen um Auschwitz
Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2010
ISBN 9783506770233
Gebunden, 238 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Wer wusste, was in Auschwitz geschah? Nicht alle Täter waren über die Dimension des Völkermords unterrichtet. Dies gilt zumal für diejenigen, die an der "Endlösung" in Westeuropa mitwirkten. Ebenso wenig haltbar ist die Behauptung, die deportierten Juden seien sehenden Auges in den Tod gegangen. Ahlrich Meyer konfrontiert Nachkriegsaussagen von Angehörigen der deutschen Besatzungsmacht in Frankreich, Belgien und den Niederlanden mit Zeugenberichten von Holocaust-Überlebenden. Seine Analyse zeigt, was die Tatbeteiligten wissen konnten, was sie den Opfern über den Zweck der Deportationen gesagt haben und welche Gerüchte, Ahnungen und Nachrichten unter den Juden verbreitet waren. Darüber hinaus bietet das Buch einen Überblick über die Judenverfolgung in allen drei westeuropäischen Ländern.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.01.2011

Der hier rezensierende Historiker Hans Mommsen zeigt sich überaus beeindruckt von Ahlrich Meyers Untersuchung "Das Wissen um Auschwitz". Meyer leistet in seinen Augen damit einen wesentlichen Beitrag zum wissenschaftlichen Bemühen um das Verstehen des Holocaust. Meyers Kritik einer Beschreibung von Auschwitz mittels "vereinfachender Slogans", etwa als einem "Niemandsland des Verstehens", kann er zustimmen. Dank umfassender und gründlicher Auswertung von Quellen gelingt es dem Autor seines Erachtens überzeugend zu zeigen, inwieweit Täter und Opfer jeweils über die systematische Ermordung der Juden Bescheid wussten. Deutlich wird für ihn, wie dieses Wissen effektiv und systematisch verschleiert wurde. Geradezu "erschütternd" findet er die abschließenden Kapitel, die sich mit der Frage befassen, was die Opfer selbst über ihre drohende Ermordung wussten: Die Mehrheit habe bis zuletzt aus Selbstschutz die Realität verleugnet.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.11.2010

Durchaus heikel findet Rezensent Christoph Jahr das Terrain, auf das sich Ahlrich Meyer hier begeben hat, aber er kann dem Oldenburger Historiker nur attestieren, hervorragende Arbeit geleistet zu haben. Meyer geht in seiner Studie zum Wissen um Auschwitz der Frage nach, ob die deutschen Täter wirklich wussten, in welcher Maschinerie sie tätig waren, und ob die jüdischen Opfer um die Gefahr wussten, in der sie schwebten. Zur Klärung der Frage werte Meyer einige bisher unerschlossene Quellen aus, lobt der Rezensent und nimmt anerkennend die Befunde zur Kenntnis: Ja, die Täter haben es gewusst, auch Besatzungssoldaten in Frankreich und Belgien wussten, was in den von den Nazis besetzten Gebieten Osteuropas vor sich geht. Bei den jüdischen Opfern sieht es allerdings etwas anders aus: Während einige - später in Prozessen oder Ermittlungen - aussagten, sie seien sich völlig im Klaren darüber gewesen, welches Schicksal ihnen blühte, geht Meyer nach Darstellung des Rezensenten davon aus, dass sich eine große Mehrheit von ungefähr achtzig Prozent in falscher Sicherheit wiegte.