Alan M. Dershowitz

Die Entstehung von Recht und Gesetz aus Mord und Totschlag

Cover: Die Entstehung von Recht und Gesetz aus Mord und Totschlag
Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2002
ISBN 9783434505143
Gebunden, 300 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ilse Utz. Würden Sie Ihren Kindern ein Buch in die Hand geben, dessen Helden lügen, betrügen morden, stehlen, vergewaltigen - und ungestraft davonkommen? Gerade! sagt Alan M. Dershowitz und zeigt, wie unsere Auffassung von Recht und Gesetz im Alten Testament verwurzelt ist. Zehn Geschichten aus dem Buch Genesis dokumentieren einen mühsamen Lernprozess, im Verlaufe dessen Gott sich in die Rolle des Gesetzgebers begab. Dieses Buch wurde auf der Grundlage von Vorlesungen des Rechtswissenschaftlers Dershowitz in Harvard geschrieben.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.07.2002

So geht es nicht, möchte der Rezensent am liebsten ausrufen. Wolfgang Sofsky ist mit Dershowitz' Lesart des Alten Testaments nicht ganz einverstanden. Immerhin ist Dershowitz eine Koryphäe, wie wir erfahren: er absolvierte eine Jeshiwa, eine jüdische Religionsschule, lehrt heute Jura in Harvard und verteidigte unter anderen Mike Tyson und O.J. Simpson. Dershowitz beschreibe Gottes Wandlung vom willkürlichen und ungerechten Weltenschöpfer in einen altersmilden Menschengott, oder wie Sofsky es formuliert, vom "absoluten Despoten zu einer Art konstitutionellem Monarchen", der seinem Volk auf dem Berg Sinai einen formalen Kodex an die Hand gibt. Das alles lege Dershowitz recht amüsant und scharfsinnig dar, gesteht Sofsky zu, aber ihm missfällt die moderne Messlatte, die der amerikanische Autor an alttestamentliche Standards anlegt: als sei Gott ein Vorläufer der modernen Verfassungsväter, spottet Sofksy. Für ihn läuft Dershowitz' Interpretation auf eine Einebnung des Zeitenabstandes und der verschiedenen kulturellen Wertordnungen hinaus. Für die amoralischen Seiten Gottes jedenfalls habe Dershowitz überhaupt keinen Sinn, behauptet der Rezensent. Könnte es nicht sein, fragt er abschließend, dass das Gottesreich erst jenseits von Gut und Böse beginnt?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.06.2002

Adam und Eva, die sich an den verbotenen Früchten zu schaffen machen, Kain, der seinen Bruder Abels ermordet, Lots Töchter, die ihren Vater betrunken machen, um sich von ihm schwängern zu lassen - Alan Dershowitz liest in seinem Buch die Genesis mit den Augen eines Juristen und untersucht zehn juristisch höchst brisante Fälle. Rezensent Jan Assmann hebt lobend hervor, dass Dershowitz in seine Diskussion dieser "Fälle" neben seiner ganzen juristischen Erfahrung eine ganze Reihe moderner Rechtsfälle einbringt, und zudem viele Stimmen der jüdischen Tradition zu Wort kommen lässt, so dass die biblischen Geschichten ihren unerschöpflichen Bedeutungsreichtum entfalten können. Dershowitz' Lektüre der Genesis verdeutlicht laut Assmann, dass die Ungerechtigkeit auf dem Fehlen eines Gesetzes basiert, dass Gott erst selbst lernen musste, was Gerechtigkeit ist, um dann zum Wohl des Menschen die zehn Gebote zu erlassen. Dershowitz' etwas einseitigem, negativem Bild der Genesis als einer Welt von Mord und Todschlag hält Assmann entgegen, dass die Menschen in dieser Welt Gott näher waren und statt des Gesetzes den Segen hatten. Die Genesis beschreibe zwar eine Welt vor dem Gesetz aber keine "anarchische Leidenszeit, von der das Gesetz die Erlösung darstelle". Im Gegensatz zu Dershowitz ergibt sich die Notwendigkeit des Gesetztes für Assmann nicht aus Mord und Todschlag, sondern "weil die Sippe Israel in Ägypten zu einem Volk gewachsen war und ohne die politische Organisationsform des Gottesbundes nicht aus der ägyptischen Unterdrückung zu befreien war."
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