Angela Steidele

In Männerkleidern. Das verwegene Leben der Catharina Margaretha Linck alias Anastasius Lagrantinus Rosenstengel, hingerichtet 1721

Biographie und Dokumentation
Cover: In Männerkleidern. Das verwegene Leben der Catharina Margaretha Linck alias Anastasius Lagrantinus Rosenstengel, hingerichtet 1721
Böhlau Verlag, Köln 2004
ISBN 9783412167035
Gebunden, 250 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Mit 16 Abbildungen und 1 Karte. Catharina Margaretha Linck war die letzte Frau, die in Europa wegen der so genannten Unzucht zwischen Frauen hingerichtet wurde. Seit ihrem 15. Lebensjahr als Mann verkleidet, versuchte sie sich zuerst glücklos als Prophet in einer radikalpietistischen Sekte, kämpfte dann mehrere Jahre lang als Musketier im Spanischen Erbfolgekrieg und ließ sich schließlich 1717 in Halberstadt unter dem Namen Anastasius Lagrantinus Rosenstengel mit einer anderen Frau trauen. Von ihrer argwöhnischen Schwiegermutter verraten, wurde der enttarnten Betrügerin der Prozess gemacht, in dem das Corpus delicti, ein "von Leder gemachtes ausgestopfftes Männliches Glied", ausnehmend gewürdigt wurde. Der preußische König Friedrich Wilhelm I. persönlich verurteilte sie zum Tode. Das Buch verfolgt Catharina Lincks verwegenen Lebensweg und erörtert die Fragen, die ihr paradigmatischer Fall in der Geschichte der Sexualitäts- und Identitätskonstruktion, der frühneuzeitlichen Rechts- und Sozialgeschichte sowie der Gender Studies aufwirft. Ergänzt durch den Abdruck der skurrilen Gerichtsakten ist diese historische Studie zugleich ein Schelmenroman voll tragischer Komik.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.10.2005

Den Gleim-Preis, den Angela Steidele bald erhalten soll, hat sie auf jeden Fall verdient, meint Rezensent Benedikt Erenz. Die Autorin hat auf eine "nüchterne, dabei hoch suggestive Art" das Leben der Catharina Margaretha Linck alias Anastasius Lagrantinus Rosenstengel nachgezeichnet. Linck entschloss sich im 18. Jahrhundert, als Mann zu leben und als Priester zu kämpfen, bis Rosenstengel alias Linck 1721 hingerichtet wurde. Dieses "einzigartige Moritat" des Barock hat die Autorin zur Freude des Rezensenten "leise, aktenkundig" aufgenommen. Sie verzichte auf jede "falsche Identifikation"; und doch gelinge es ihr, das Selbstverständnis der Menschen dieser Zeit "sichtbar" zu machen. Kein Wunder, dass er diese Chronik einer "unerhörten Begebenheit" nicht nur beeindruckt, sondern "in einem Zug" zu Ende las.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.04.2005

Wolfgang Behringer hat diese Biografie der Catharina Linck mit großem Interesse gelesen. Die Linck, erfahren wir, lebte im 18. Jahrhundert fast zwanzig Jahre lang unentdeckt als Mann. Sie diente in der preußischen Armee als Musketier und nahm an mehreren Kriegen teil, zog als "radikalpietistischer Prophet" durch die Lande, ging einer bürgerlichen Arbeit nach und heiratete schließlich sogar. Niemand wusste, dass sie eine Frau war, bis ihre Schwiegermutter sie eines Tages mit Hilfe einer Nachbarin enttarnte, erzählt Behringer. 1721 wurde sie nach einem Prozess öffentlich enthauptet. Die Literaturwissenschaftlerin Angela Steidele beschreibt in ihrem Buch das Leben dieser Frau und den Prozess mit großer Zuneigung zu ihrer Heldin, so Behringer. Zugleich sei das Buch aber auch eine Studie über Transvestitismus, Transsexualität und weibliche Homosexualität. Gelungen findet der Rezensent das immer dann, wenn Steidele mit den Quellen argumentiert. Sobald es um Philosophie oder Rechtspraxis der damaligen Zeit geht, breite die Autorin allerdings nur "Lexikonwissen" aus. Auch die Diskussionen um die "Mikrogeschichte" seien Steidele offenbar unbekannt, denn sie fülle die Wissenslücken immer wieder mit Spekulationen aus. Insgesamt jedoch überwiegt für Behringer der "Lesegenuss".
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