Anne Serre

Die Gouvernanten

Roman
Cover: Die Gouvernanten
Berenberg Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783949203671
Gebunden, 104 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Patricia Klobusiczky. Sie sind zu dritt, und in dieser abgeschiedenen Villa hinter hohen Bäumen sind sie die Königinnen: die Gouvernanten. Auf die Erziehung der ihnen anvertrauten Jungen geben sie wenig, lieber lassen sie sich melancholisch durch die hellen Tage treiben. Manchmal zieht es sie zum goldenen Tor, das ihr Reich begrenzt, wo sich, wild vor Verlangen, die Männer drängeln. Erhört werden sie alle nicht, denn hier stellen die Gouvernanten die Regeln auf. Verliert sich aber ein Fremder in den Garten, gehen sie wie im Rausch auf die Jagd, richten den Ahnungslosen unerbittlich zu, mit Küssen und mit Bissen. Und all das vor den Augen des Nachbarn, der die angebeteten Frauen mit seinem Fernrohr auf Schritt und Tritt verfolgt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.01.2024

Einmal lesen ist nicht genug, so der restlos beglückte Rezensent Eberhard Rathgeb über Anne Serres Buch, das erstmals im Jahr 1992 erschienen war und nun endlich auf Deutsch vorliegt. Eine Geschichte wird darin nicht wirklich erzählt, erfahren wir, aber es geht um drei Gouvernanten, die von einem Ehepaar angestellt sind und auf deren wilde kleine Jungen aufpassen. Auch die Gouvernanten sind wild, fährt Rathgeb fort, sie ziehen sich gerne aus und toben durchs Gras, und wenn sich ein Mann, der ihnen gefällt, in ihre Nähe verirrt, kennen sie kein Halten mehr, ob er nun will oder nicht. Der Rezensent fühlt sich von Beginn an umfangen von einer romantischen Stimmung, in der sich das befremdliche Geschehen in einen weichen Zauberzustand auflöst. Es geht um das Aufblühen weiblicher Sexualität, so Rathgeb, Ahnungen sind da wichtiger als abschließende Erklärungen und eben deshalb ist diese Prosa für ihn so lebendig und gefühlsnah. Ganz besonders empfiehlt der Rezensent das Buch Paaren zur gemeinsamen Lektüre.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.11.2023

Einen Roman, in dem es "nicht mit rechten Dingen" zugeht, liest Kritikerin Cornelia Geißler bei Anne Serre und ihren drei Gouvernanten, die im Zentrum der Geschichte stehen. Sie sollen für die Kinder der Familie Austeur sorgen, ein Name, der Geißler zufolge sicher nicht zufällig nach dem französischen Wort für Autor klingt: eine merkwürdige Familie und merkwürdige Kinder, auf die da aufgepasst werden soll. Die Geschichte schöpft ihre Kraft nicht nur aus der Handlung, die sich auch um die "weibliche Selbstermächtigung" der Protagonistinnen dreht, wenn sie beispielsweise über einen Mann herfallen, der ihnen zufällig über den Weg läuft, sondern vor allem über die sprachmächtige, verführerisch-unkonkrete Poesie, die Patricia Klobusiczky kongenial ins Deutsche übertragen hat, lobt die überzeugte Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 13.09.2023

Rezensentin Sigrid Brinkmann freut sich über einen bravourös ins Deutsche neuübersetzten Roman von Anne Serre, der drei Gouvernanten in einen sinnlichen Blick nimmt. Éléonore, Laura und Inès sind schön, so werden sie auch geschildet, zeigt Brinkmann an einigen Zitaten, sie erfreuen sich an ihrer eigenen Objektifizierung und gehen im sinnlichen Dasein als "glänzendes Vlies, auf dem blassgelbe Schmetterlinge landen" auf - doch schafft es die Autorin laut Brinkmann, die darunter schwelende "ichlose Grundbefindlichkeit" in reine Poesie zu verpacken und eben nicht dem voyeuristischen Blick anheimzufallen. Unbedingt eine Leseempfehlung der faszinierten Kritikerin.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.09.2023

Rezensentin Meike Feßmann ist hin und weg: Die Leichtigkeit, der Schwung, die ausgelassene Freude an der Erotik, die Anne Serres drei junge "Gouvernanten" versprühen, erscheint ihr nach der Welle düsterer autofiktionaler Literatur ungeheuer erfrischend. Dabei finden sich auch hier sicher autobiografische Bezügen, nur sind sie hier von "Sprachlust" und literarischer Fantasie durchwebt, so Feßmann, die sich von Ferne an Beckett erinnert fühlt. Das Setting ist relativ einfach: ein Haus mit Park, ein Haus gegenüber, ein wenig Landschaft, man sieht bei ihrer Beschreibung unwillkürlich eine Zeichnung von Sempé vor sich. Hier bereiten die drei ein Fest vor, mit dem die Rückkehr der Familie aus den Sommerferien gefeiert wird. Alles schwingt in diesem Roman, schwärmt Feßmann, für die Anne Serre eine "veritable Entdeckung " ist.
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