Chang-rae Lee

Fremd im eigenen Leben

Roman
Cover: Fremd im eigenen Leben
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2001
ISBN 9783462030303
Gebunden, 393 Seiten, 22,96 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Marcus Ingendaay. Doc Hata kam nach dem Zweiten Weltkrieg aus Japan in die USA. Seine neue Existenz bringt ihm Anerkennung und Befriedigung. Doch als er sich zur Ruhe setzt, gerät sein so wohl geordnetes Dasein durch eine Reihe düsterer Ereignisse aus den Fugen, sieht er sich zur Selbsterkenntnis gezwungen. In fesselnden Rückblenden erinnert er noch einmal sein Leben und legt Schicht für Schicht verdrängte Erfahrungen frei...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.08.2002

Der "New Yorker" zählt den 1965 in Korea geborenen, aber in den USA aufgewachsenen Schriftsteller Chang-rae Lee zu den "zwanzig bedeutendsten jüngeren Autoren der amerikanischen Gegenwartsliteratur", berichtet Martin Lüdke und stimmt diesem Urteil in seiner Besprechung über den von Marcus Ingendaay in "ein solides Deutsch" übersetzten Roman "Fremd im eigenen Leben" zu. Darin geht es um das Leben des koreanischen Sanitäters Doc Hata, der in der Kleinstadt Bedley Run unausweichlich von seiner Vergangenheit eingeholt wird und trotz aller Bemühungen einfach nicht heimisch werden kann. Trotz eines angepassten und weitgehend unauffälligen Lebens in dieser kleinen Gemeinde im Staat New York verliert er unausweichlich an Bodenhaftung, berichtet die Rezensentin. Da ist die "desaströse Beziehung" zu seiner Adoptivtochter, die gescheiterte Liebesbeziehung zu einer Nachbarin und schließlich die Kriegsvergangenheit, als er als Sanitäter für die Japaner koreanische "Trostfrauen" behandeln musste, die, zur Prostitution gezwungen, aufs Schlimmste misshandelt worden waren. Mit "ethnologischer" Präzision beschreibe der Autor den Prozess der Entfremdung seines Protagonisten. Trotzdem, ist der Rezensentin beeindruckt, sei dieser traurige Roman nie "trist", sondern ein "leiser und im Wortsinn sensationeller" und "humaner" Roman über einen "kleinen Mann".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.01.2002

Schwach findet Rezensent Christoph Bartmann diesen Roman. Er vermutet, dass der Autor Chang-Rae Lee zunächst eine ganz andere Geschichte erzählen wollte: Die Geschichte der Zwangsprostitution der japanischen Armee im Zweiten Weltkrieg. Um dieses Thema geht es aber nur im Zusammenhang mit der dritten verfehlten Liebesgeschichte der Hauptfigur. Bartmann findet diese Figur des Doc Hata jedoch überladen, sie gehe in der Handlung unter, die sich zunächst ziemlich "zäh" entwickele. Besonders ärgert den Rezensenten angesichts dieses Romans, dass der Autor vom New Yorker unter die 'zwanzig besten Erzähler unter vierzig' einsortiert wurde.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.10.2001

Eine finstere Charakterstudie nennt Angela Schader den Roman des amerikanischen Autors koreanischer Herkunft, der für ihr Empfinden nur zum Ende hin mit einer kitschigen und unglaubwürdigen Wendung versehen ist. Was aber der Lektüre vorher nichts von ihrem düsteren Reiz nimmt. Im Mittelpunkt des auf drei Zeitebenen komplex operierenden Romans steht ein Arzt koreanischer Abstammung, den es als Kind bereits in eine japanische Pflegefamilie und später in den Pazifikkrieg verschlagen hat. Als Herzstück des Romans schält sich für Schader darum die tragische Liebes-Geschichte des jungen Mannes zu einer Koreanerin heraus, die im Lager, wo er Dienst tut, sexuell missbraucht und von ihm nicht gerettet wird - wobei Rettung in diesem Fall den erlösenden Tod meint. Schader geht detailliert auf die Handlung ein, referiert ein raffiniertes Spiel der Nuancen, Ebenen und Spiegelungen, die einmal an zentraler Stelle vom ansonsten eleganten Übersetzer Marcus Ingendaay inadäquat wiedergegeben worden seien.
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