Christine Angot

Die Stadt verlassen

Roman
Cover: Die Stadt verlassen
Tropen Verlag, Köln 2002
ISBN 9783932170508
Gebunden, 180 Seiten, 17,80 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Christian Ruzicska. Christine Angot beschreibt in diesem Buch die privaten und in den Medien erfolgten Reaktionen auf ihren ein Jahr zuvor publizierten Titel "Inzest". Die Anfeindungen gingen so weit, dass sie ihren Wohnort von Montpellier nach Paris verlegen musste. Angot lässt Leserbriefe, Presseartikel, Fernsehdiskussionen einfließen und geht der Frage nach, was es bedeutet, seine Stadt verlassen zu müssen. Haltungen wie Zuspruch und Widerstand werden auf die antiken Dramen des Sophokles und auf Homers "Odyssee" übertragen. Angot verweist damit auf das Problem der Stellung des Einzelnen gegenüber der Öffentlichkeit. Sie untersucht, inwieweit die Medien am Werk des Schriftstellers teilhaben und dieses zu manipulieren versuchen. Der Tradition des jüdischen Denkens verpflichtet, wird das Motiv der Vertreibung erzählerisch umgesetzt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2002

Ingeborg Harms stellt zwei Romane der französischen Autorin Christine Angot vor, die mit "Inzest" in Frankreich große Diskussionen entfachte und im darauffolgenden Roman "Die Stadt verlassen" auch die Publikumsreaktionen verarbeitete.
Harms spricht vom "pathologischen Narzissmus" der Autorin, die ihre Kränkung durch den väterlichen sexuellen Übergriff, ihre seelische Deformation und Überspanntheit in dem Roman "Inzest" zu verarbeiten und zu kompensieren versucht hat. Welche Rolle dabei die Leserschaft spielt, die sie in "Inzest" am Geschehen und seinen Folgen teil haben ließ, schildere Angot in dem Roman "Die Stadt verlassen", der sich direkt mit der Rezeption ihres "Inzest"-Romans beschäftige. "Inzest" stand eine Zeit lang auf den Bestseller-Listen in Frankreich, berichtet Harms, als dann das Kaufinteresse abnahm, stürzte dieser Umstand die Autorin regelrecht in eine Depression. Der Hass auf den Vater verkehre sich in einen Hass auf die Öffentlichkeit, die an Stelle des Vaters, so meint Harms den Vorgang zu verstehen, Empathie, Zuneigung und den verweigerten Respekt aufzubringen habe. Die Leserschaft sei damit aber eindeutig überfordert, schließt Harms. Die Autorin habe die Leser einerseits zu Zuschauern des Inzests gemacht und werfe es ihnen andererseits vor. Für Harms ist "Die Stadt verlassen" eine bittere Wehklage, die keine Illusionen aufkommen lasse, dass es einen Ausweg oder gar Heilung für das beschädigte Ich gebe.
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