Dieter Baldauf

Die Folter

Eine deutsche Rechtsgeschichte
Cover: Die Folter
Böhlau Verlag, Köln 2004
ISBN 9783412146047
Gebunden, 235 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Fast 500 Jahre lang wurden Menschen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation peinlich befragt, das heißt gefoltert. Ein erster Folterfall ist 1321 für Augsburg belegt. Was uns heute wie ein entsetzliches Kapitel deutscher Unrechtsgeschichte erscheint, entsprach damals geltendem Recht. Es beruhte auf päpstlichen Bullen, kaiserlichen Privilegien und feierlich verkündeten Reichstagsbeschlüssen und sollte der Wahrheitsermittlung dienen. In den Ritualmordprozessen gegen Juden und in den großen Ketzer- und Hexenverfolgungen erlebte die Prozedur ihre schrecklichen Höhepunkte. Der Autor beschreibt in wissenschaftlich fundierter und gleichzeitig allgemein verständlicher Weise die Entstehung der Folter, ihre Durchsetzung im spätmittelalterlichen Deutschland und die beinahe alltägliche Folterpraxis. Auch die zeitgenössischen Bedenken gegenüber der peinlichen Befragung kommen zur Sprache. Baldauf erklärt zudem, wie die Folter in die Gerichtsordnungen der Frühen Neuzeit aufgenommen wurde und welche Rolle sie zu dieser Zeit in den Strafprozessen spielte. Die gängigen Foltermethoden und wichtige Folterinstrumente werden ebenfalls erläutert. Mit der Aufklärung setzten sich im 18. Jahrhundert die Widerstände gegen die Folter allmählich durch. Friedrich der Große läutete schließlich deren Abschaffung ein und im 19. Jahrhundert verschwand sie allmählich, zuletzt in Baden 1831, aus den staatlichen Rechtsordnungen der deutschen Länder.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.10.2004

Dieter Baldaufs Rechtsgeschichte der Folter hat bei dem Rezensenten Bruno Preißendörfer den Eindruck hinterlassen, der Autor wisse, wovon er spreche. Auf "kompakte" sowie "allgemein verständliche" Art und Weise erläutere Baldauf - anhand der wichtigsten Gesetzbücher und in der komplementären Darstellung von Rechtsdenken und Rechtspraxis - "die wichtigsten Stationen der Rechtsentwicklung" seit dem 14. Jahrhundert, im Laufe derer sich die Folter vom unentbehrlichen Mittel zur Gewinnung eines - allein rechtsgültigen - Geständnisses zum angesichts der "wachsenden Anerkennung des Indizienprozesses" entbehrlichen gewordenen und für Unrecht erklärten Druckmittel gewandelt habe. Da für Baldauf die Folter "mit dem modernen Verständnis der Menschenwürde prinzipiell unvereinbar" sei, stelle er die Forderung auf, dass ihr Ausschluss aus der Rechtspraxis "notstandsfest", das heißt ausnahmslos sein müsse. Bis auf einige "kleinere sprachliche Unbeholfenheiten" und die "lokalhistorische Übergewichtung der Stadt Regensburg" hat der Rezensent an diesem "überschaubaren, lehrreichen und empfehlenswerten" Buch nichts auszusetzen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.09.2004

Geradezu erbost ist Rezensent Rainer Maria Kiesow über zwei neu erschienene Studien zur Folter (Dieter Baldaufs "Die Folter" und Jörg Zirfas' "Rituale der Grausamkeit") und bringt dies beinahe überdeutlich zum Ausdruck. Erster Stein des Anstoßes ist Dieter Baldaufs Arbeit: Auf "ebenso pseudowissenschaftliche wie pseudopopuläre" Art erstelle Baldauf eine deutsche Rechtsgeschichte der Folter, die, da sie Folter von vornherein als "Unrecht" bezeichne, nur auf das Fazit hinauslaufen könne, dass es sich bei der Rechtsgeschichte der Folter eigentlich um eine Unrechtsgeschichte der Folter handele. Immerzu belästige Baldauf den Leser mit "wohlfeilen und unhistorischen Werturteilen" und mit "spekulativ-idiotischen Behauptungen". Gekrönt werde die Studie durch die "Peinlichkeit" des Schlusses, in dem Baldauf sich gegen einen Beitritt der Türkei in den "Zusammenschluss von Rechts- und Kulturstaaten" der EU ausspricht. Kurzum: Baldaufs Buch sei "unhistorisch, und dadurch uninteressant und langweilig", bringe "nichts Neues", enthalte "keinerlei eigene Forschung", sei nicht falsch, aber "schief", sei "flott geschrieben", aber "mitnichten populär". Schade um die Folter, so das abschließende Fazit des erschütterten Rezensenten, denn sie ist wirklich erforschenswert, wissenschaftlich wohlgemerkt.
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