Dirk Baecker

Wozu Systeme?

Cover: Wozu Systeme?
Kadmos Kulturverlag, Berlin 2002
ISBN 9783931659233
Spiele, 189 Seiten, 17,50 EUR

Klappentext

"Sobald ich ein System herausschneide, von dem ich ahne, dass das Ergebnis einer Operation auf die nächste Operation selbst zurückwirkt, in welcher Form auch immer, ist dieses System schon nicht mehr voraussagbar." Dieses Diktum von Heinz von Foerster weiterführend, scheint der Systembegriff nicht nur eine neue Denkweise, sondern auch neue Wahrnehmungsweisen und neue Empfindungsweisen nahezulegen. Vielleicht darf man vermuten, dass er in diesen letzteren Dimensionen sowohl seinen Theoretikern als auch seinen Kritikern die größten Schwierigkeiten bereitet. Denn konzeptionell arbeiten wir mit dem Systembegriff an einem "preadaptive advance", das unseren Wahrnehmungen und Empfindungen vorauseilt. Was wir daher gegenwärtig vor allem wahrnehmen und empfinden, ist, dass wir keine Wahrnehmungen und Empfindungen haben, die der konzeptionellen Dimension des Begriffs entsprechen. In dieser Hinsicht ist unser Nervensystem so veraltet, wie es unsere Institutionen sind.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.04.2002

Der Verdacht, den Sammlungen zuvor publizierter Aufsätze gerne auf sich ziehen, sieht der Rezensent Peter Fuchs in diesem Fall ganz ausdrücklich nicht gerechtfertigt: die strategische Zusammenstellung und Anordnung der Texte entwickelt, meint er, eine ganz eigene "Sprengkraft". Schon der Titel erscheint ihm überaus listig: denn weder frage Baecker im Ernst nach einem Zweck von Systemen noch behaupte er zuallererst ihre Existenz. Die Theorie der Systeme betrügt sich, könnte man sagen, produktiv um sich selbst: die Systeme, ohne deren Behauptung die Theorie nicht anfangen könnte, sind eine "Gabe, die nie gegeben ist". Veranschaulicht wird das am Rechentrick von den 11 Kamelen, denen, damit die Rechnung aufgeht, ein zwölftes hinzugeschmuggelt wird, das man, am Ende der Rechnung, dann wieder ignorieren kann. Dieses zwölfte Kamel ist, für Baecker, die (systemtheoretische) Wissenschaft, ist das System. Diese hoch paradoxe Notwendigkeit des Unmöglichen ist die "Kernfigur", die in den Aufsätzen an verschiedenen Gegenständen durchgespielt wird. Zum Genuss macht das Buch, so Fuchs, dass Baecker seine - Derridas Dekonstruktion verwandte - Theoriefigur "unumständlich" formulieren kann, ohne doch den "Theorie-Insider" zu langweilen.