Edgardo Cozarinsky

Die Braut aus Odessa

Erzählungen
Cover: Die Braut aus Odessa
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2006
ISBN 9783803131973
Gebunden, 151 Seiten, 17,50 EUR

Klappentext

Aus dem argentinischen Spanisch von Sabine Giersberg. Sieben Erzählungen über Emigranten im 20. Jahrhundert. Ihre Spuren führen von Odessa nach Buenos Aires, von Wien und Budapest nach Lissabon und Paris. Ein junger Mann betrachtet den Hafen von Odessa und träumt von Argentinien; er hat zwei Visa, doch seine jüdische Braut will nicht mit ihm auswandern. Da bemerkt er ein fremdes Mädchen und setzt sich zu ihm. Unter falschem Namen reist sie mit - so beginnt ein über Generationen gehütetes Familiengeheimnis.
Emigranten im 20. Jahrhundert: Freunde, die sich jahrzehntelang aus den Augen verloren haben, treffen sich in Budapest und Paris wieder. Ein Flüchtling aus Hitlers Berlin wird Barpianist in Buenos Aires und verbringt sein Leben in Argentinien, ein alter Mann kehrt nach Wien zurück, ein junger Mann erforscht im heutigen Lissabon das Schicksal deutscher Flüchtlinge im "Hotel des emigrants".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.01.2006

Rezensentin Maike Albath bedauert, dass sich Edgardo Cozarinysky als Autor nicht genug zutraue. Er schaffe gute Bilder, die er dann gleich wieder selbst zerstöre. Das Buch erzählt sieben Geschichten von Emigranten, die sich im frühen 20. Jahrhundert auf die Reise machen. Sie sind meist entwurzelt und tragen ungeahnte Familiengeheimnisse mit sich. "Eine gewisse Exotik" schaffe Cozarinysky durch Kombination "ureuropäischer Erfahrungswelten" und der "südamerikanischen Wirklichkeit". Auch über "rätselhafte Identitätswechsel" freut sich Albath noch, um sich dann darüber zu ärgern, dass sich Cozarinysky in "artifizellem Pathos" verliere, statt es auch mal bei Andeutungen zu belassen. Das zerstöre die eigene Imaginationskraft. Der Autor wolle manchmal zu viel, und habe seinen eigentlich spannenden Band damit überfüllt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.01.2006

Die Rezensentin Ulrike Meitzner macht als einendes Elemente der Erzählungen des in den siebziger Jahren ins Pariser Exil emigrierten Argentiniers Edgardo Cozarinsky in seinem Geschichtenband aus, "dass die Vergangenheit in seinen Erzählungen auf fast verstörende Weise präsent" ist. Eine Kernerfahrung seiner Protagonisten, die - wie Meitzner beobachtet - allesamt "Versehrte, Einzelgänger, Übriggebliebene" sind, ist die das Auswandern, die "Brüchigkeit von Identität". Als Sohn russischer Einwanderer, der vor der argentinischen Militärdiktatur nach Paris flüchtete, so die Rezensentin, hat der Autor einen Erfahrungshintergrund, der ihm die Entwurzelung als grundlegendes Merkmal von Identität ihm 20. Jahrhundert erscheinen lasse.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.01.2006

Kersten Knipp ist beeindruckt von Edgardo Cozarinskys sieben Erzählungen, die unter dem Titel "Die Braut von Odessa" nun auf Deutsch vorliegen. Immer geht es in diesen Erzählungen um das "Thema Emigration und Fremde", und ihre Kraft und Qualität sind nicht zuletzt der Übersetzerin Sabine Giersberg zu verdanken, wie Knipp feststellt. Doch auch der Autor habe seine Sache hervorragend gemacht. Mit wenigen, knappen Strichen zeichnet er Charaktere, deren persönliche Schicksale stets hineinfallen in das große Kollektivschicksal ihrer Zeit. Wie etwa im Falle des jüdischen Pianisten, der den argentinischen Nachtclubs den Rücken kehrt, um in Europa einen Neuanfang zu versuchen - fatalerweise wählt er als Jahr seiner Emigration 1939. "Verschroben, verbogen, zerbeult" nennt Knipp die Cozarinsky'schen Charaktere, und dass der Autor sich mit "aufdringlicher Privatmythologie" zurückhält, wird als dankenswert verbucht. Die feine Balance der Trauer, die nie in Sentimentalität umschlägt, gefällt Knipp außerordentlich, der Cozarinsky auch gleich einen Meistertitel verleiht: den des "Meisters des gedrückten Tons".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.12.2005

Diese Erzählungen von Edgardo Cozarinsky haben den Rezensenten Florian Borchmeyer beeindruckt, auch wenn er eine gewisse Holzschnittartigkeit der Figuren und des Erzählstils bemerkt. Das Grundthema der Geschichten ist Heimatlosigkeit, erfahren wir. Cozarinsky, ein in Paris lebender Argentinier russischer Herkunft, erzählt von nach Argentinien auswandernden ukrainischen Juden, Knaben liebenden österreichischen Schriftstellern im Exil oder einem amerikanischen Historiker in Lissabon, der nach Spuren seines jüdischen Großvaters sucht. Am Ende finden alle den Tod. Borchmeyer kommt es vor, als wären sie "allesamt Statisten in einer anonymen Geschichtsmaschinerie" - was ihnen eine besondere Tragik verleihe. Weniger gut gefallen dem Rezensenten allerdings die "eigentümlichen geschichtsphilosophischen Thesen", die der Autor immer wieder einflicht. Der "poetischen Schönheit", die immer wieder aufblitzt, können diese jedoch nichts anhaben, bekennt der Rezensent.
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