Ricardo Piglia

Ins Weiße zielen

Roman
Cover: Ins Weiße zielen
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2010
ISBN 9783803132321
Gebunden, 256 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Carsten Regling. Wieso musste Tony Duran sterben? In seinem neuen Roman entführt uns Ricardo Piglia in die trügerische Ruhe der argentinischen Provinz. Während alle Welt glaubt, der schwule Japaner Yoshio habe den Ausländer Duran getötet, entwickelt Kommissar Croce mit Hilfe des aus Buenos Aires angereisten Journalisten Renzi seine eigene Theorie: Waren es wirklich nur die körperlichen Reize der Zwillingsschwestern Ada und Sofia Belladona, die Duran in die Pampa gelockt haben? Was hatten deren Vater und Bruder, die Besitzer der hiesigen Fabrik, mit dem Opfer zu schaffen? Was hat es mit dem Erbe der irischen Mutter der Zwillinge auf sich? Und was nur hat Cueto, der aalglatte Staatsanwalt und Intimfeind Croces, zu verbergen? Piglia bietet alles auf, was das Genre des Kriminalromans hergibt um die Gemeinplätze der Gattung am Ende auszuhebeln und zu zeigen, dass nichts so ist, wie es scheint.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.04.2011

Ziemlich durchgeschüttelt geht Florian Borchmeyer aus dieser Lektüre hervor. Was kühnes Fabulieren bedeutet, führt ihm Ricardo Piglia einmal mehr vor Augen. Sein vierter Roman täuscht den Rezensenten allerdings mit einem lakonischen Auftakt, bevor es dann richtig losgeht und Piglia sämtliche Gegensätze der Erzählkunst einebnet. Dass die intellektuelle Konstruktion eines eher klassischen Kriminalfalls, ein mit vielerlei Zeitebenen, Fußnoten und Genres (von Allegorie bis Groteske) hantierendes verschlungenes Erzählen und ein Haufen dem Wahnsinn naher Figuren zusammengehen, kann Piglia dem Rezensenten beweisen. Des Autors "exegetischer Zeigefinger", den Borchmeyer nicht selten erkennt, sieht dahinter zum Glück wieder klein aus.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.02.2011

Auf höchstem intellektuellen Niveau amüsiert hat sich Volker Breidecker mit Ricardo Piglias Kolportagekrimi "Ins Weiße zielen". Ausführlich gibt er dessen in der argentinischen Pampa spielende Geschichte wieder: Ein Amerikaner wird ermordet, ein Zeitungsjournalist wird aus der Hauptstadt in das Provinzkaff geschickt und verfällt nicht nur dessen Charme, sondern auch dem der verruchten Belladona-Zwilling. Der kauzige Kommissar Croce ermittelt. "Intelligentes Lesevergnügen" gibt der Rezensent zu Protokoll, der außerdem einiges über argentinische Geschichte gelernt hat, über die Legenden der Gauchos und die Lieder Carlos Gardels.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.01.2011

Für Jörg Plath ist Ricardo Piglia ohne Zweifel einer der bedeutendsten argentinischen Schriftsteller der Gegenwart, und auch der jetzt auf Deutsch erschienene Roman "Ins Weiße zielen" bestärkt ihn in dieser Einschätzung. Er preist das Buch, das er als allegorische Darstellung der Zeit der Militärdiktaturen vor Juan Perons zweiter Präsidentschaft gelesen hat, für seine atmosphärische Dichte und seine virtuose Genremischung und er hatte offenbar auch an den literarischen Verweisen auf Dickens, Kafka oder Puig seine Freude. Das komplexe und rätselhafte Geschehen des Romans hebt mit einem ermordeten Puertoricaner in einem Hotel in der Buenos-Aires-Provinz an und evoziert in Noir-Manier die bedrückende Atmosphäre einer Kleinstadt Anfang der 70er Jahre, lässt der Rezensent wissen. Vieles bleibt im Unklaren, dafür flicht der "kühl-elegante Erzähler" soziologische oder philosophische Exkurse ein, so Plath fasziniert. Am meisten hat ihn beeindruckt, wie "dezent" es Piglia gelingt, die literarisch so aufgeladene Figur des "geheimnisvollen Fremden" darzustellen. Dieser nicht nur genretechnisch Grenzen sprengende Roman begeistert Plath zudem durch seine Stilsicherheit, die er auch in der Übersetzung wieder findet, und so zeigt er sich rundum zufrieden mit dieser faszinierend zwischen Realität und Traum changierenden Geschichte.
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