Eimear McBride

Das Mädchen ein halbfertiges Ding

Roman
Cover: Das Mädchen ein halbfertiges Ding
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2015
ISBN 9783895612923
Gebunden, 256 Seiten, 21,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Miriam Mandelkow. Erzählt wird die Geschichte einer jungen Frau, deren Kindheit in einer irischen Kleinstadt von der Krankheit ihres Bruders überschattet ist. Der Vater verlässt die Familie, die Mutter sucht Halt in einem übersteigerten Glauben und unterwirft sich und die Kinder einem strengen Regiment. Das Mädchen rebelliert gegen die Kälte und muss um die zärtliche Verbindung zu ihrem Bruder kämpfen. Voller Freiheitsdrang stürzt sie sich in gefährliche Abenteuer, um Enge und Doppelmoral zu entfliehen. Doch ihr wahres Leben spielt sich im Kopf ab, in wilden, schroffen Gedanken und einer unvergesslichen Sprache.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 02.01.2016

Dieser Debütroman ist mutig, bemerkenswert und verlangt dem Leser bei aller stilistischen Raffinesse einige Nervenstärke ab, lobt Rezensentin Tanya Lieske. Sie hebt besonders die Rauheit und Musikalität der Prosa von McBride hervor. Ihr Verzicht auf eine Erzählstimme, gesetzte Dialoge, gelenkte Perspektiv- und Zeitwechsel nennt Lieske ein Verfahren "absoluter erzählerischer Unmittelbarkeit", das sich insbesondere in dem Moment bewähre, als ein augenscheinlich noch ungeborenes Wesen spricht. Lobende Worte verliert die Kritikerin auch zur Übersetzung durch Miriam Mandelkow, die sie vor allem deswegen für überragend hält, weil sie den Klang der Sprache gut ins Deutsche übertrage, ohne sich zu sehr am Satzbau festzukrallen. Letztlich fühlt sich Lieske durch das Buch, in ihren Augen "eine Art Verkündungsroman", gar an James Joyce, Samuel Beckett und Flann O'Brien erinnert.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.11.2015

Dieser Roman ist in jedem Fall eine Herausforderung - aber eine, die sich lohnt, versichert Rezensentin Carole Ebeling. Denn Eimear McBrides bereits 2004 verfasstes, aber erst 2013 erstmals veröffentlichtes Buch verfügt über eine derartige Intensität, dass sich die Kritikerin der überwältigenden Sogkraft nicht entziehen kann. Und so liest sie tief bewegt die in ihrer Schonungslosigkeit wie Zärtlichkeit gleichermaßen eindringlich erzählte Geschichte des jungen Mädchens, das gemeinsam mit ihrem an einem Hirntumor erkrankten Bruder bei der ebenso brutalen wie religiösen Mutter aufwächst, vom Onkel missbraucht wird und sich schließlich nach einer Flucht in die Großstadt mit kalten sexuellen Begegnungen betäubt. Insbesondere zeigt sich die Kritikerin aber beeindruckt von McBrides Sprache, die die Empfindungen der Figuren ohne Rücksicht auf Grammatik, in Lauten, Wortfetzen und Bildern unmittelbar ausdrückt und von Miriam Mandelkow exzellent ins Deutsche übertragen worden ist.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.11.2015

Angela Schader spürt die höllische Nähe der Sprache zum Körper in Eimear McBrides Debütroman. Über die Kleinkariertheit der Gesellschaft, bigotte Frömmigkeit, Krankheit und das Verlassensein in der irischen Provinz erzählt ihr die Autorin auf ungemütliche Weise, sprachsensibel, in brüchiger Syntax, zwischen kindlicher und erwachsener Wahrnehmung wechselnd, mit deutlichen Anklängen an Joyce. Auch wenn die Handlung eher kompakt und schmal daherkommt, wie Schader feststellt, die Figuren auf ihre Rollen festgeschrieben bleiben und überkommene Motive der irischen Literatur, wie Religiosität und Natur, zum Einsatz kommen - die Wucht der Sprache im Roman und eine gewisse Rebellion gegen alles Dunkle halten Schader mächtig auf Trab.
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