Elizabeth Duval

Nach Trans

Sex, Gender und die Linke
Cover: Nach Trans
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783803151957
Kartoniert, 224 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Immer mehr Menschen identifizieren sich nicht mit dem Geschlecht, das ihnen bei Geburt zugewiesen wurde. Die Debatte um ein neues Selbstbestimmungsgesetz wird zunehmend heftiger geführt - nicht zuletzt innerhalb der LGBTQ-Community wie auch in Teilen des Feminismus und der Linken. Kein Wunder, schließlich handelt es sich bei der Einteilung in Frau und Mann um eine der weitreichendsten sozialen Unterscheidungsformen. Trans sprengt dieses Muster und fordert damit das Denken heraus: Was heißt es, sich als trans zu erfahren? Was kann trans sein - und was nicht? Verschwindet die binäre Geschlechterdifferenz? Elizabeth Duval, selbst Transfrau, stellt sich diesen Fragen - jenseits persönlicher Bekenntnisse und diskursiver Erregungsdynamiken um Transgender-Toiletten. Sie schreibt über Geschlecht als komplexes soziales System, über historische und heutige Phänomene der Fluidität, über Diskriminierung, die Grenzen der Selbstbestimmung und darüber, was nach Trans kommt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.07.2023

Rezensentin Marianna Lieder findet bemerkenswert, wie unabhängig Elizabeth Duval in ihrem Buch argumentiert. Um die eigene Identität und Erfahrungswelt der 23-jährigen spanischen Autorin, selbst Transfrau und "intellektuelle Galionsfigur" der Linken, so Lieder, gehe es glücklicherweise kaum. Klar im Vordergrund stehe stattdessen eine theoretische und analytische Auseinandersetzung mit verschiedenen Positionen und Vorurteilen zum Gender-Thema, wobei Duval auch überrascht: So hält sie etwa an der Annahme fest, gibt Lieder erstaunt wieder, dass die binäre Gesellschaftsordnung nicht aus der Welt zu schaffen sei und im Zweifel noch das Ende der Zivilisation überdauern würde. Bezeichnend findet sie außerdem Duvals Auseinandersetzung mit der als transphob verurteilten Kathleen Stock, der die Autorin mit großer "intellektueller Fairness" begegne und zum Teil auch ohne Scheu in manchen Dingen zustimme. Nicht jedes Argument in Duvals Buch findet die Kritikerin völlig nachvollziehbar, hat aber keinen Zweifel daran, dass es sich um einen "Idealfall des nonbinären Denkens" handelt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.04.2023

Eine Zukunft als Grundlagenwerk attestiert Rezensentin Julia Hubernagel diesem Buch von Elizabeth Duval: Ihr Beitrag zu Debatten um Trans-Themen liest sich für sie angenehm unaufgeregt, etwa wenn es um die Fragen geht, wer welche (angeblichen) Geschlechterstereotype ausleben darf und wem auf Toiletten Diskriminierung entgegenschlägt (oft Lesben, die sich nicht geschlechterkonform verhalten, schreibt sie). Auch die These, das Subjekt habe nicht die Wahlfreiheit, sich auszusuchen, wer es sein möchte, sondern nur die Freiheit, sich selbst zu finden, ist für die Kritikerin anschlussfähig. Einzelne Aussagen zur Mutterschaft befremden Hubernagel zwar, aber ansonsten kann sie die Lektüre nur empfehlen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 22.04.2023

Rezensentin Martin Eimermacher freut sich über diesen "Knall" von Buch, mit dem Elizabeth Duval die festgefahrene Debatte um das Thema Transgender aufsprenge. Denn die Ausführungen der 22-jährigen in Paris wohnenden Spanierin, die der Kritiker dem "Transmaterialismus" zuordnen würde, nehme sich mit einer von Aristoteles über Marx bis Butler reichenden Materialfülle zwar einiges vor, so der Kritiker, werde ihrem Anspruch aber durch argumentative Präzision und Schonungslosigkeit auch gerecht, wie er findet. So räume Duval etwa mit Vorbehalten zu den neuen Gesetzen zur Geschlechtsumwandlung auf, wende sich aber ebenso gegen den Begriff der "Selbstbestimmung", den sie für eine Verzerrung der "sozialen Tatsache" hält, die das Geschlecht sei, wie Eimermacher wiedergibt. Auch Duvals Ausführungen zu Transitionen als einer "Flucht vor dem Geschlecht" in Anlehnung an die Klassenflucht findet er erhellend. Vor allem aber scheint er zu schätzen, dass die Autorin sämtliche Fraktionen angeht und dabei auch die eigene Bubble nicht verschont. Ein im positiven Sinne überbordendes Buch, dass dem Kritiker das Gefühl gibt, durch die Lektüre "klüger zu werden".