Fabian Bernhardt

Rache

Über einen blinden Fleck der Moderne
Cover: Rache
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2021
ISBN 9783957578662
Broschiert, 413 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Die Moderne nimmt für sich in Anspruch, die Rache glücklich überwunden und durch die Herrschaft des Rechts ersetzt zu haben. Seit der Aufklärung gilt die Rache nicht nur als Gegenspielerin des Rechts, sondern als das dunkle Andere der Moderne überhaupt. In seiner groß angelegten kulturgeschichtlichen Untersuchung liest Fabian Bernhardt diese bislang kaum hinterfragte Fortschrittserzählung gegen den Strich. Batman tritt neben Achilles, Marcel Mauss trifft auf Immanuel Kant. In seiner philosophischen Reflexion mit kulturanthropologischem Zugriff und Gespür für das massenkulturelle Imaginäre zeigt er, dass mit der Delegitimierung der Rache zugleich eine theoretische Verdunkelung einherging. Regelmäßig verkannt wird nicht nur die ordnende Bedeutung, die der Rache in sogenannten primitiven Gesellschaften zukommt, sondern auch die Rolle, die der Wunsch nach Vergeltung in den modernen Gesellschaften uneingestanden nach wie vor spielt. In der Rache scheint nicht nur die dunkle Seite der Gerechtigkeit auf, in ihr melden sich auch diejenigen verdrängten Energien und Affekte zurück, für die es in der modernen Gegenwart keinen legitimen Platz mehr zu geben scheint.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 07.08.2021

Rezensent Wolf Lepenies findet spannend, wie Fabian Bernhardt in seiner Studie darlegt, wie das Thema Rache in der Moderne zugunsten des Rechtssystems vernachlässigt wird. An der dreiteiligen Studie lobt Lepenies vor allem Bernhardts umfangreiche Kenntnis der Fachliteratur und die kreativen, weil zeitlich weit auseinanderliegenden Fallbeispiele - so zum Beispiel zwischen Achilles und Marianne Bachmeier. Nach einer einleitenden Begriffsarbeit und dem Hauptteil zur Kulturtheorie der Rache findet der Kritiker auch das Schlusskapitel zu Rache-Affekten in der kulturellen Imagination erhellend, in dem Bernhardt etwa Martin Walsers "Tod eines Kritikers" über Reich-Ranicki heranzieht. Nur eine Erwähnung von Norbert Elias, Stan Laurel und Oliver Hardy hätte Lepenies sich noch gewünscht. Insgesamt spricht er aber von einem "eindrucksvollen und scharfsinnigen" Buch.